A Christmas Carol
Moffat kündigte A Christmas Carol als weihnachtlichstes aller Doctor-Who-Weihnachtsspecials an. Er hat sein Versprechen gehalten: Man hat zwar nach A Christmas Carol einen gewaltigen Zuckerschock, aber es macht einfach viehisch Spaß und ist dazu noch herrlich timey wimey, und was anderes will man ja gar nicht zu Weihnachten.
Amy und Rory befinden sich im Rahmen ihrer Flitterwochen auf einem Raumschiff, dass abzustürzen droht. Das könnte nur ein alter Griesgram namens Kazran Sardick verhindern. Der Doctor versucht ihn zu überzeugen, dass gute Taten nicht per se sinnlos sind.
Doctor Who ist schon immer eine Serie, die fremde Einflüsse nimmt und ins eigene Format ummodelt. Wie unschwer am Titel der Folge zu erkennen, hat es diesmal (wieder) Charles Dickens erwischt. Im englischen Sprachraum allgemein und in Großbritannien im Besonderen gehört dessen Christmas Carol zur weihnachtlichen Folklore – die Bandbreite der Adaptionen reicht von ganz ernsthaften Versuchen über die erstaunlich werkgetreue Muppet-Variante bis hin zu freieren Interpretationen wie Nan's Christmas Carol – und auch Doctor Who hat schon eine Folge mit Dickens und Geistern im weihnachtlichen Cardiff gehabt1. Deshalb kann man natürlich nicht mehr Dickens' Christmas Carol 1:1 im Weltall umsetzen; stattdessen ist allen Charakteren bewusst, dass sie diese Geschichte als Grundstruktur für ihre Handlungen nehmen.
Kazran Sardick wird dargestellt von Michael Gambon, bekannt als Dumbledore aus den Harry-Potter-Filmen. Die Beteiligten haben sich anscheinend einen Keks gefreut, dass sie tatsächlich Gambon für Doctor Who gewinnen konnten, und zwar völlig zu Recht. Er stellt Kazran als alten Griesgram dar, der jedoch trotz aller Garstigkeit nicht abgrundtief böse ist2. Abigail, die zweite wichtige Nebenfigur, wird von Katherine Jenkins gespielt, einer Sängerin im Bereich der populären Klassik. Normalerweise kann man immer etwas skeptisch sein, wenn eine Sängerin meint, plötzlich schauspielern zu müssen, hier hat man aber mit voller Berechtigung eine klassisch ausgebildete Sängerin engagiert. In dieser Folge merkt man außerdem mal wieder, wieviel Matt Smith über seine Stimme macht, wenn er den Doctor spielt.
Moffat setzt in A Christmas Carol erneut mehrere Zeitebenen ein und verbindet diese äußerst geschickt miteinander. Besonders den Darstellern ist es zu verdanken, dass A Christmas Carol emotionaler ist als weite Teile der 5. Staffel. Natürlich gibt es auch grundlosen Grusel mit der Face Spider (was hat der Mann bloß für eine kranke Phantasie?) und schweinsche Witze, die die Kleinen vermutlich nicht verstehen. In den Raumschiffszenen wird heftig aus Star Trek zitiert und Moffat konnte es sich nicht verkneifen, Doctor Who für eine Szene zu Sherlock werden zu lassen. Seit dieser Folge ist Doctor Who zudem die vermutlich erste Fernsehserie, in der ein Hai als Sympathieträger dargestellt wird.
- The Next Doctor hat ebenfalls nicht von der Hand zu weisende Dickens'sche Elemente, allerdings wird hier eher aus Oliver Twist zitiert. [⇑]
- Kazrans Wolkenmanipulationsmaschine erinnert mich ein wenig an Feinfingers Orgel im Käpt'n-Blaubär-Film. Ich bezweifle stark, dass Moffat überhaupt von diesem Film weiß, dennoch liegt hier eine interessante Form von konvergenter Evolution vor. [⇑]
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