Einführung in die Hörspiele von Doctor Who

Im Whoniversum gibt es eine reiche Auswahl an Hörspielen und Hörbüchern. Die BBC selbst veröffentlicht vor allem Hörbücher und klassische Folgen in Audio-Form. Neue Hörspiele und Hörbücher gibt es in großer Zahl von Big Finish. Außerdem gibt es auch von Torchwood Hörspiele, zu denen ich bereits ein paar Worte geschrieben habe.

Doctor-Who-Audios der BBC

Das erste Hörspiel von Doctor Who ist Doctor Who and the Pescatons. Dem folgten bis Mitte der 90er noch einige weitere von der BBC produzierte Hörspiele, bis ab 1999 Big Finish die Hörspielproduktion übernahm. Meiner Meinung nach sind die BBC-Hörspiele nicht sonderlich lohnenswert und allenfalls aus historischen Gründen interessant (u.a. gehören dazu die beiden einzigen Hörspiele mit Jon Pertwee). 2009 wagte sich die Beeb an ein paar neue Hörspiele mit Tom Baker, der bis dato nicht mit Big Finish zusammenarbeiten wollte. Genaugenommen sind diese Veröffentlichungen von den Charakteren erzählte Hörbücher, die ein Hörspiel als Rahmenhandlung haben. Das Format ist gewöhnungsbedürftig und lohnt vor allem angesichts der Big-Finish-Hörspiele mit dem 4. Doctor nicht so richtig.

Die Hauptmenge an Doctor-Who-bezogenen Veröffentlichungen von BBC Audio wird mit Novelisations und Soundtracks der klassischen Folgen bestritten. Die Soundtracks werden von Folgen mit den Doctoren 1-3 veröffentlicht und bestehen aus der Tonspur mit wo nötig eingefügten Erklärungen, die von einem der damals Beteiligten gelesen werden. Das ist besonders interessant bei den verlorenen Folgen, von denen zwar die Videobänder teilweise gelöscht wurden, aber in allen Fällen noch der Ton in irgendeiner Form existert. Die Novelisations vom Target-Verlag waren vor den Zeiten von VHS und DVD die einzige Möglichkeit, sich die Folgen nach Hause zu holen. Seit Mitte der Nullerjahre werden sie als Hörbuchfassung veröffenlicht.

Für die neue Serie werden Hörbücher mit dem jeweils aktuellen Doctor produziert, allerdings erst ab dem 10. Doctor. Inhaltlich lehnt man sich dabei an die Buchreihe zur neuen Serie an (deren Titel teilweise zusätzlich zum Buch in Hörbuch-Form veröffentlicht werden), wobei nur relativ selten Veröffentlichungen erfolgen.

Doctor Who bei Big Finish

Big Finish hat einen unglaublichen Backkatalog. Es gibt einige Hörspielreihen mit den klassischen Doctoren und/oder deren Companions, die den Grundstock der Veröffentlichungen bilden, sowie etliche Spin-Offs. Dazu gibt es auch immer mal wieder hier eine Miniserie, da eine Trilogie und dort ein Box-Set, wodurch die Angelegenheit ganz schnell unübersichtlich wird. Aus diesem Grund muss ich mich darauf beschränken, nur den Grundstock der Doctor-Who-Hörspiele sowie beispielhaft ausgewählte Spin-Offs vorzustellen. Bei Wikipedia gibt es eine Komplettauflistung aller Doctor-Who-Audios von Big Finish, die man sich im Bedarfsfall durchlesen kann.

Das Rückgrat von Doctor Who bei Big Finish ist die monatliche Reihe mit den Doctoren 5 bis 7 (früher auch 8). Diese Hörspiele füllen die Lücken zwischen den Fernsehfolgen. Daneben haben der 4. und der 8. Doctor je eine eigene, dem Vernehmen nach immens erfolgreiche, Hörspielreihe. Auch dies sind echte Hörspiele, allerdings mit einem anderen Veröffentlichungsrhythmus, nämlich als Staffel oder Boxsets. Big Finish hat für all diese Hörspielreihen eigene Companions erfunden und generell können die meisten Hörspiele gleichberechtigt neben den Fernsehfolgen stehen. Die monatlichen Hörspiele werden in weitestgehend willkürlicher Reihenfolge veröffentlicht, ein Einstieg in diese Reihe kann also (außer bei den alten Hörspielen mit dem 8. Doctor) an nahezu beliebiger Stelle erfolgen.1 Es gibt außerdem einige Hörspieladaptionen von geplanten, aber nie produzierten Fernsehfolgen, beispielsweise die anstelle von Trial of a Time Lord geplante Staffel oder die nie produzierte 27. Staffel.

Um Folgen für die bereits verstorbenen Doctoren (und Tom Baker, der sich lange geweigert hat, mit Big Finish zusammenzuarbeiten) produzieren zu können, hat Big Finish die Companion Chronicles eingeführt, die in der Regel eine Rahmenhandlung besitzen, innerhalb derer ein Companion ein vergangenes Abenteuer erzählt. Sie sind damit eine Art Hybrid zwischen Hörbuch und Hörspiel. Später wurden sowohl die Doctoren 5 bis 8 ebenfalls in diese Reihe integriert als auch einige Veröffentlichungen ganz ohne Doctor produziert. Nach acht Staffeln wurden die Companion Chronicles eingestellt. Nachfolgereihe sind die Early Adventures, die sich soweit als möglich dem Hörspielformat annähern. In einem ähnlichen Format wie die Companion Chronicles liegt die Destiny-of-the-Doctor-Reihe vor, die zum 50. Jubiläum produziert wurde und für die Big Finish erstmals etwas mit den neuen Doctoren veröffentlichen durfte.

Eine Sonderstellung nimmt die leider kurzlebige Doctor-Who-Unbound-Reihe ein, die nach dem "Was wäre wenn…"-Prinzip Geschichten mit alternativen Doctoren erzählt. Die innerhalb dieser Reihe veröffentlichten Hörspiele unterscheiden sich stark voneinander, gelten aber allesamt als lohnenswert, weil sie Doctor Who aus einer völlig anderen Perspektive beleuchten.

Bei den Spin-Offs kann man grob zwischen zwei Arten unterscheiden: Den Spin-Offs für einzelne Personen aus dem Whoniversum und Spin-Offs, die im Whoniversum spielen. Ein Beispiel für die erste Variante sind die Jago-und-Litefoot-Hörspiele, deren Protagonisten in Talons of Weng-Chiang vorkamen und deren Abenteuer nach ihrem Kontakt mit dem Doctor porträtiert werden. In eine andere Richtung geht I, Davros, das die Vorgeschichte von Davros darstellt und auf dem monatlichen Hörspiel Davros mit dem 6. Doctor aufbaut. Dalek Empire wiederum findet zwar im Whoniversum statt, hat aber personell praktisch nichts mit den Doctor-Who-Hörspielen zu tun und porträtiert den Kampf der Menschheit gegen die Daleks. Etwas anders gelagert ist Gallifrey. Darin kommen mit Romana II, Leela und K-9 zwar einige alte Bekannte vor, aber der Fokus liegt deutlich auf der Entwicklung Gallifreys am Vorabend des Time Wars. Hörspielreihen in ähnlichen Formaten gibt es von Big Finish zu Hauf; wenn einem ein Szenario aus den Doctor-Who-Hörspielen gefällt, stehen die Chancen also gut, dass man eine Reihe findet, die dieses Szenario vertieft.

Es gibt daneben zwei Spin-Offs mit Charakteren, die ihren Ursprung in den Doctor-Who-Büchern der 90er Jahre haben. Zum einen ist dies Bernice Summerfields Hörspielreihe, die in den Büchern Companion des 7. Doctors und später freiberufliche Archäologin ist. Big Finish hat diese Reihe, in der jegliche Verbindung mit Doctor Who nur angedeutet wird, schon vor den Doctor-Who-Hörspielen produziert. Dann und wann wird die Bernice-Summerfield-Serie einem mittleren Reboot unterzogen, damit man auch als nachgeborener Fan noch eine Chance hat, in diese Hörspiele einzusteigen, ohne ganz von vorn anfangen zu müssen. Ebenfalls aus den Büchern in den Hörspiel-Canon eingewandert ist Iris Wildthyme. Sie ist ein etwas spezieller Fall, da ihre Hörspiele mit Wonne dazu genutzt werden, Fernsehfolgen oder Hörspiele von Doctor Who zu parodieren oder zu kommentieren. Mehr meta als Iris geht innerhalb des Whoniversums nicht.

Die Hörspiele von Big Finish sind hinter den Kulissen ziemlich stark mit der neuen Serie verbunden, beispielsweise werden die Daleks in den neuen Staffeln wie in den Hörspielen von Nick Briggs gesprochen (auch David Tennant war bereits recht oft in Big-Finish-Hörspielen jeglicher Art zu hören, aber natürlich nicht als 10. Doctor). Zwei Hörspiele dienten schon als Vorlage für Fernsehfolgen und einige wurden nachträglich in den Time War eingebunden. Inzwischen wird auch in manchen Hörspielreihen (höchstwahrscheinlich in engster Zusammenarbeit mit der BBC) fleißig auf den Time War hingearbeitet. Spätestens seit The Night of the Doctor ist der Status der Hörspiele im Canon von Doctor Who etwas klarer, denn hier wurden die Big-Finish-Companions des 8. Doctors kanonisiert (und er 8. Doctor selbst als Doctor zu Big Finishs freier Verfügung etabliert). Auch davon abgesehen gibt es in den meisten Fällen keine größeren Probleme, die Hörspiele in die Kontinuität der alten wie der neuen Fernsehserie einzufügen. Hinzu kommt, dass insbesondere der 6. Doctor in den Hörspielen eine angenehmere Charakterisierung erfährt, als im Fernsehen – er ist so ziemlich der beliebteste Doctor der Hörspiele, während er im Fernsehen der mit Abstand unbeliebteste Doctor ist – und dass der 8. Doctor im Fernsehen nur auf einen Film kam, und deshalb erst in anderen Medien vernünftig dargestellt werden konnte. Obwohl man naturgemäß keine Untertitel zuschalten kann, sind die Hörspiele in aller Regel ziemlich gut verständlich, sogar besser als viele neue Folgen.

  1. Ein Wort der Warnung: Zagreus sollte man sich auf keinen Fall zum Anfang anhören, weil man da nur unnötig verwirrt wird. []

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