Classic Who – Achte Staffel

Das Exil des Doctors dauert in der achten Staffel an. Neu ist, dass er einen permanenten Widersacher bekommt: den Master. Der Master wird später noch in vielen Inkarnationen auftauchen, doch Roger Delgado's Master ist die ultimative Version.

Der 3. Doctor agiert deutlich aktiver als die vorherigen beiden Doctoren, wenn nötig beteiligt er sich auch mal an einem Säbelduell oder setzt seine Angreifer mit venusian aikido außer Gefecht. Er steht während seines Exils mehr oder weniger bei UNIT als wissenschaftlicher Berater in Lohn und Brot, was aber nicht immer ganz reibungslos verläuft. Sein Vorgesetzter ist Brigadier Alistair Gordon Lethbridge-Stewart, oder kurz der Brig(adier), dem man in wenigen Worten einfach nicht gerecht werden kann. Er ist vermutlich die einzige Figur des ganzen Whoniversums, auf die sich alle Fans einigen können. Sergeant Benton ist ein weiterer mit UNIT assoziierter Charakter und er ist so unglaublich liebenswert. Neu eingeführt in dieser Staffel wird Captain Mike Yates. Ebenso bekommt der Doctor einen neuen Companion: Jo Grant, die den Job bei UNIT über Vitamin B gekriegt hat und eher naiv und tollpatschig, aber auch wahnsinnig knuffig ist. Sie wird dem Doctor bis zur 10. Staffel erhalten bleiben. Vervollständigt wird das Ensemble vom Master: Es ist sicher keine kühne Behauptung, wenn man feststellt, dass der Master ohne Delgados perfekte Darstellung schnell zur Witzfigur verkommen wäre. Delgado stattet den Master mit Charme und Manieren aus und spielt ihn mit einer Ruhe, die ihn absetzt von den anderen Bösewichten des Whoniversums. Trotzdem ist er natürlich größenwahnsinnig – und obendrein ein Wendehals, vor allem, wenn es darum geht, seine eigene Haut zu retten. Mit Pertwees Doctor hat er eine ganz tolle Chemie. Man sieht deutlich, dass die beiden sich eigentlich blendend verstehen würden, wenn sie auf der gleichen Seite stünden. Tun sie aber nicht, und das macht es nur noch schöner anzusehen, wie sie immer versuchen, dem anderen einen Schritt voraus zu sein.

Abgesehen von Colony in Space ist diese Staffel von außerordentlicher Qualität. Obwohl bis auf Colony alle Folgen auf der Erde spielen und der Master immer seine Finger im Spiel hat, unterscheiden sich die Folgen thematisch und vom Ton so stark, dass es nie langweilig wird.

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Terror of the Autons (4 Teile; Drehbuch: Robert Holmes; Regie: Barry Letts)

Schon terrorisieren die Autons die Erde. Diesmal steckt der Master dahinter, ein guter Bekannter des Doctors.

Terror of the Autons ist eine lose Fortsetzung von Spearhead from Space. Vom Ton her unterscheidet sich Terror of the Autons deutlich von den vorangegangenen Serials – verschwunden ist der Ernst der letzten Zeit (auch wenn Doctor Who immer noch viel einigermaßen normales Arbeitsleben zeigt), jetzt darf der Master seinen Charme ausspielen und fröhlich Leute manipulieren. Delgado spielt den Master mit genau dem richtigen Maß an Unterkühltheit und Charme (und ein kleines bisschen camp ist Delgados Master natürlich auch). Die Autons haben diesmal nicht ganz so ikonische Szenen, weil sie gegenüber dem Master etwas in den Hintergrund treten, aber gruselig sind sie trotzdem, weil sich die Bedrohung wieder aus dem alltäglichen Leben speist.

Thematisch passend wurde Terror of the Autons zusammen mit Spearhead from Space in einer Box veröffentlicht. Die Extras sind wie schon bei Spearhead from Space nicht übermäßig zahlreich – im wesentlichen beschränken sie sich auf ein Making-Of, eine Doku über den Master und sowie eine Featurette über Plastik im damaligen Alltag und das sich daraus ergebende Gruselpotential.

The Mind of Evil (6 Teile; Drehbuch: Don Houghton; Regie: Timothy Combe)

UNIT hat gerade alle Hände voll zu tun: Eine Weltfriedenskonferenz steht an, bei der UNIT für die Sicherheit zuständig ist. Der Doctor ist seinerseits interessiert an einer Maschine, die angeblich alle negativen Impulse aus den Denkmustern einer Person entfernen kann – eine Maschine, die nicht nur fehlerhaft funktioniert, sondern die ihren eigenen Kopf hat.

Der Master stattet Jo und dem Doctor einen Besuch in ihrer Zelle ab und seufzt dabei ganz theatralisch.
Der Master, umgeben von Idioten. (Seiner Meinung nach, jedenfalls.)

The Mind of Evil ist eigentlich eine Episode, die eher so larifari wäre, wenn es da nicht den Master gäbe. Der wird erst in diesem Serial so richtig ausgearbeitet und wenn man ganz ohne Vorwissen in diese Folge ginge, könnte man sogar echt überrascht sein, dass es der Master ist, der hinter dem Bösewicht des Monats steht, denn es dauert eine Weile, bis er seinen Auftritt hat. Was sich der Master davon erhofft, den dritten Weltkrieg loszutreten, wird man als Normalsterblicher nie so richtig begreifen, aber man kuckt ja auch kein Doctor Who, um die Pläne des Masters zu verstehen. Überhaupt ist das ein Serial, das von den Interaktionen der Charaktere miteinander lebt, wodurch man gleichzeitig das noch recht frisch erweiterte Ensemble besser kennenlernt.

Die Extras sind zwar nicht sehr zahlreich, aber sehr gut. Sie bestehen aus einem wirklich interessanten Making-Of, das in Dover Castle gedreht wurde, dann natürlich einem Vergleich zwischen den Drehorten damals und heute und zu guter letzt gibt es eine Doku aus dem Jahre 1971 über das Television Centre und die vielen fleißigen Bienchen, die darin arbeiten. Diese Doku wird aus heutiger Sicht zusätzlich interessant, da sich die Arbeitsweise der BBC in den letzten 40 Jahren sehr geändert hat (und das Television Centre wird zurzeit teilweise in Wohnraum umgewandelt).

The Claws of Axos (4 Teile; Drehbuch: Bob Baker, Dave Martin; Regie: Michael Ferguson)

Ein Raumschiff landet auf der Erde. Die Aliens in diesem Schiff versprechen UNIT und einige Politikern, dass sie den Welthunger ein für alle Male besiegen können. Doch natürlich verfolgen die Aliens ihre eigenen Ziele.

Am Anfang dieser Staffel war ich – trotz meiner Liebe für den Master – nur mäßig von der Aussicht begeistert, dass der Gutste in allen Serials vorkommt. Was soll ich sagen, gerade das ist ein Segen, denn Delgado wird von Folge zu Folge immer besser (der Master zeigt hier unglaubliche Levels von snarkyness – und bescheinigt der TARDIS des Doctors die Fahreigenschaften eines second-hand-Gasherdes). In weiten Teilen ist The Claws of Axos eine trippige Folge, die so nur in den 70ern entstehen konnte. Sowas kann abschreckend wirken, wird hier aber zum großen Vorteil des Serials umgesetzt. Durch die involvierten Politiker und ihre Machtspielchen steht The Claws of Axos der Atmosphäre in den Folgen der vorherigen Staffel näher, durch die Präsenz des Masters erfahren wir aber wieder ein bisschen mehr über den Doctor, was im Jahr zuvor etwas zu kurz kam.

Die Special Edition von The Claws of Axos enthält einige sehr interessante Extras. Neben dem üblichem Making-Of und einem Interview mit dem Regisseur findet man auf der DVD ein Portrait von John Levene1 sowie das erhaltene Studioband der ersten Folge, mitsamt einigen geschnittenen Szenen und ein paar Verhasplern.

Colony in Space (6 Teile; Drehbuch: Malcolm Hulke; Regie: Michael E Briant)

Die Time Lords entscheiden, dass der Doctor kurzfristig aus seinem Exil entlassen werden soll, um den Diebstahl einer Massenvernichtungswaffe aufzuklären. Dabei landen der Doctor und Jo auf einem desolaten Planeten, auf dem Kolonisten sich ein neues Leben aufbauen wollen, ein Bergbaukonzern die Rohstoffe ausbeuten will und die Ureinwohner eine seltsame Maschine verehren.

Colony in Space ist ein ausgewachsener Space-Western bis hin zu Schießereien zwischen den skrupellosen Bergarbeitern und den aufrechten Kolonisten, und zwischendrin der Master und der Doctor. Zwar ist dieses Serial in Teilen ganz gut geraten, aber im großen und ganzen ist es der Tiefpunkt der Staffel (wohl nicht zuletzt deshalb, weil es ein 6-Teiler ist). Gerade der Versuch, den Doctor von der Erde wegzubewegen ist einer der Hauptgründe dafür – der Kolonieplanet ist eben doch bloß wieder ein BBC-Steinbruch und tatsächlich stört der Master, trotz einiger sehr schöner Szenen mit dem Doctor, eher, als dass er die Handlung voranbringt. Wenn man sich ausschließlich entweder auf die Kolonisten oder auf den Master konzentriert hätte, wär ein Schuh draus geworden, aber durch diese zwei nur mühselig miteinander verbundenen Teil-Handlungen wird der Eindruck verstärkt, dass dieses Serial krampfhaft auf sechs Teile aufgeblasen werden musste.

Die Extras sind, wie bei vielen 6-Teilern, eher spartanisch. Neben dem Making-Of sind einige Originalaufnahmen mit unverwendeten (Teil-)Szenen und Outtakes enthalten.

The Dæmons (5 Teile; Drehbuch: Robert Sloman, Barry Letts; Regie: Christopher Barry)

Der Master versteckt sich als Pastor (!) in einem beschaulichen englischen Dörfchen, wo er Schaden anrichten möchte, indem er ein dämonenartiges Alien beschwört.

Jon Pertwee hat The Dæmons als sein Lieblingsserial bezeichnet, und ich kann verstehen, wieso. Für eine damalige Doctor-Who-Folge hat The Dæmons einen hohen Anteil an Außendrehs (gedreht in Aldbourne im schönen Wiltshire), und das tut dem Serial sehr gut. Nicht nur das, man merkt auch, mit welcher Freude und mit welchem Elan die Beteiligten dabei sind und es gibt permanent Szenen, in denen man über das eine oder das andere Schmunzeln kann. Die Handlung ist zwar eher dünn – so richtig verstehe ich nicht, wie sich der Master das mit der Weltherrschaft per Dämonenalien vorgestellt hat, aber so isser eben, der Gutste – doch kleine englische Dörfchen mit zwielichtiger Bevölkerung sind einfach toll und wenn UNIT dort auch noch rumballern darf, bin ich die letzte, die sich beschwert.2 Was The Dæmons von anderen Serials absetzt, ist diese Atmosphäre von Familienausflug: Der Brigadier hat frei und nimmt Anrufe im Bett entgegen, der Doctor, Jo, Benton und Yates (letztere beiden in zivil) fahren gemeinsam aufs Land, der Bösewicht ist ein alter Vertrauter und es gibt auch keine Invasion in dem Sinne, sondern "lediglich" lokale Folklore, die zum Leben erwacht.

Es empfiehlt sich bei The Dæmons noch viel mehr als sonst, die Produktionsuntertitel zuzuschalten, da darin sehr viel lokale Historie und Folklore erklärt wird, was sehr, sehr interessant ist.3 Nicht lange vor der Veröffentlichung dieser DVD ist Barry Letts gestorben, weshalb neben dem üblichen Making-Of auch ein Rückblick auf sein Leben auf der DVD enthalten ist. Zu meiner großen Freude gibt es wieder einen Film vom Dreh, sowie zwei Features über die ersten Farbrekonstruktionen für die Serials vom 3. Doctor.

  1. Ich weiß nicht, ich kann mich mit Toby Hadokes Art so gar nicht anfreunden. Es muss doch wirklich auch andere Leute geben, die solche Features drehen können. []
  2. Diese Folge ist der Ursprung des berühmten Five Rounds Rapid-Zitats []
  3. Wiltshire ist wegen seiner vielen prähistorischen Monumente und mittelalterlichen Bauwerke sehr als Reiseziel zu empfehlen. Allein in und um Avebury findet man einen riesigen steinzeitlichen Steinkreis (420 m Durchmesser!) mitsamt Prozessionsstraße, ein Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert (mit tollen Café in der alten Bibliothek), eine Kirche, die teilweise noch aus angelsächsischen Zeiten stammt, zahlreiche bronzezeitliche Grabhügel, ein begehbares Hügelgrab aus der Steinzeit, einen Pfostenkreis, einen seit 5000 Jahren in Benutzung befindlichen Handels- bzw. Wanderweg, einen riesigen in der Steinzeit aufgeschütteten Hügel (40 m hoch, 170 m Durchmesser!) und eine große Wallanlage aus dem gleichen Zeitalter – und das ist bloß das, was fußläufig zu erreichen ist. (Nicht weit entfernt gibt es z.B. einen sehr hübschen Kanal, der zum Spazieren einlädt, und an dem in Hungerford ein wunderbarer Tea Room liegt.) []
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