Gallifrey

Gallifrey ist eines der inhaltlich bedeutendsten Spin-Offs von Doctor Who. Hier laufen einige Fäden aus der Kontinuität der klassischen Serie und der Hörspiele zusammen, um langfristig den Boden für den Time War der neuen Serie zu bereiten. Bei oberflächlicher Betrachtung klingt die Prämisse von Gallifrey staubtrocken und langweilig. Stattdessen ist Gallifrey sehr spannend, die Dialoge tropfen nur so vor Sarkasmus und man hat unglaublich Spaß bei Hören – nicht zuletzt durch die wunderbare Chemie der Hauptdarsteller miteinander. Als Hauptfiguren treten mit Romana (jetzt Präsidentin der Time Lords) und Leela zwei ehemalige Companions des Doctors auf, sowie einige alte Bekannte aus der klassischen Serie oder dem Hörspieluniversum. Nach und nach werde ich ein paar Worte zu den einzelnen Staffeln schreiben – die Staffeln umfassen drei bis fünf Folgen mit einem im Hintergrund laufenden Handlungsfaden –, zuallererst möchte ich aber etwas über die Hauptfiguren und die zeitliche Einordnung von Gallifrey in die Doctor-Who-Kontinuität sagen.

Romanadvoratrelundar, kurz Romana, ist in ihrer zweiten Inkarnation eine ambitionierte und liberale Präsidentin von Gallifrey. Sie hat in ihrer ersten Inkarnation die Akademie der Time Lords besucht, wo sie als herausragend intelligent galt. Später wurde sie vom White Guardian dazu bestellt, dem 4. Doctor bei der Suche nach dem Key to Time zu helfen (The Ribos Operation). Weder der Doctor noch Romana waren davon übermäßig begeistert. Während ihrer Reisen mit dem Doctor regeneriert Romana scheinbar als Spaß an der Freud' (Destiny of the Daleks). Als sie nach Gallifrey zurückbeordert wird, entscheidet sie sich, stattdessen im E-Space zu verbleiben, wo die Time Lords sie nicht erreichen können (Warriors' Gate). Später kehrt sie jedoch zurück und wird prompt zur Präsidentin erhoben. Kurz nach ihrer Wahl zur Präsidentin überredet der seinerseits recht frisch regenerierte 8. Doctor die sonst so pflichtbewusste Romana zu einem weiteren Abenteuer (Shada).1 Ebenfalls in der frühen Phase ihrer Präsidentschaft wird sie von den Daleks gekidnappt und für 20 Jahre gefangengehalten. Bei ihrer Rückkehr wird Gallifrey von den Daleks überrannt, was als die erste Schlacht vom Time War gelten kann, nur dass das damals noch niemandem bewusst war (The Apocalypse Element).2 Später trifft sie erneut mit dem 8. Doctor zusammen, dessen Companion Charley ungewollt fast das Ende des Universums heraufbeschwört, wodurch der Doctor für die nächste Zeit in die Verbannung geschickt wird (Neverland und Zagreus).3 Kurz nach diesen Ereignissen beginnt Gallifrey. Darin versucht Romana eine Öffnungspolitik für Gallifrey, scheitert auf lange Sicht aber teilweise an äußeren Umständen und teilweise an ihren eigenen suboptimalen Entscheidungen. Eine zukünftige Inkarnation von ihr kommt in zwei Hörspielen der 6. Staffel und 7. Staffel von Gallifrey vor, sowie in einem Companion Chronicle.

Romana zur Seite steht Leela, die Romanas Vorgängerin als Companion des 4. Doctors ist. Sie stammt aus einem Stamm ehemaliger Kolonisten, die sich zu einer steinzeitlichen Gesellschaft zurückentwickelt haben (The Face of Evil). Leela ist sehr intelligent und eine gute Kämpferin, hat aber kaum Verständnis für Technologie. Sie blieb auf Gallifrey, nachdem sie sich in den Andred verliebt hat, der der Chancellery Guard angehört (The Invasion of Time). Sie lernt Romana in Zagreus kennen. Nachdem Andred verschwunden ist, wird sie von Romana kontaktiert, um in der ersten Gallifrey-Folge eine Undercover-Mission durchzuführen. Später wird sie zweitweise Jago und Litefoot bei manchen ihrer Fälle unterstützen.

Braxiatel ist Romanas rechte Hand im High Council. Er ist eine der interessantesten Figuren im Whoniversum4 und außerdem der Bruder des Doctors. Zuerst tauchte er in Bernice Summerfields Buchreihe auf, in der er die Braxiatel Collection (die ihrerseits zum ersten Mal in City of Death erwähnt wurde) verwaltet. Als die Buchreihe zur Hörspielreihe wurde, wechselte er über in das Big-Finish-Universum. Allerdings ist dieser Braxiatel ein älterer – oder womöglich ganz anderer – Braxiatel als der, den wir in Gallifrey kennenlernen. Dieser jüngere Braxiatel besitzt zwar schon seine Sammlung, ist aber hauptsächlich damit beschäftigt, die politischen Ereignisse auf Gallifrey in Romanas Sinne zu manipulieren. In der monatlichen Doctor-Who-Hörspielreihe kam er bisher zweimal vor – in Zagreus hat er einen Auftritt von ein paar Sekunden und in The 100 Days of the Doctor wird er erwähnt und um ein Haar als der Bruder des Doctors bestätigt. Generell kann man sich bei Brax sicher sein, dass er einen Plan in der Hinterhand hat, auch wenn dieser Plan nicht notwendigerweise moralisch einwandfrei ist.

Narvin ist Kommandant der CIA und plagt sich nach eigener Aussage damit rum, den Schaden zu beseitigen, den das High Council mit seinen Entscheidungen verursacht. Wie sich im Laufe der Serie zeigt, ist er die heimliche Hauptfigur von Gallifrey – Narvin kommt nicht nur in jeder Folge vor, sondern ist auch der einzige Protagonist, der sich konsequent dem Guten verpflichtet fühlt. Neben Gallifrey kommt Narvin in Dark Eyes 3 vor, womit Gallifrey implizit wieder in die Doctor-Who-Kontinuität eingeordnet wird.

Eine Erwähnung verdienen auch die beiden K-9s, die sich in Romanas beziehungsweise Leelas Besitz befinden. Man denkt es nicht von Roboterhunden, aber die K-9s haben sehr gewitzte Dialoge. Noch schöner wird das ganze dadurch, dass die beiden sich nicht ganz grün sind (insbesondere der neuere K-9 besteht darauf, den anderen K-9 als "inferior unit" zu bezeichnen).

In Intervention Earth, der 7. Staffel, spielt außerdem Ace eine wichtige Rolle. Sie stammt aus den 80ern und reiste mit dem 7. Doctor mit, wobei sie unter anderem Bernice Summerfield kennenlernt. Später wird sie auf der Akademie der Time Lords zugelassen (The New Adventures of Bernice Summerfield) und anschließend von der CIA rekrutiert.


Die Querverbindungen der Gallifrey-Serie zu anderen Hörspielen und zwar nur das allernötigste – mit nur direkt von Gallifrey ausgehenden Verbindungen und (abgesehen von Zagreus als direktem Startpunkt) ohne Vorläuferfolgen. Die Querverbindungen sind nämlich untereinander so zahlreich, dass, wenn ich auch alle sekundären Querverbindungen (also z.B. zwischen Hörspielen des 7. und 8. Doctors) eingezeichnet hätte, die Graphik aussehen würde, als wäre ein Haufen schwarzer Spaghetti draufgefallen.

Anfangs ist Gallifrey voll und ganz in der klassischen Serie verwurzelt, aber mit der Zeit wurde diese Hörspielserie mehr und mehr mit den Big-Finish-Serien verknüpft, die ihrerseits an New Who herangerückt sind (siehe Graphik). Die schiere Zahl der Crossovers braucht einen nicht abschrecken: Man muss weder die früheren auf Gallifrey spielenden Fernsehfolgen und Hörspiele kennen, noch muss man die Hörspiele anhören, mit denen im Laufe der Zeit irgendwelche Charaktere ausgetauscht werden. Im Ernstfall haben diese Querverbindungen nämlich entweder keine gravierenden Auswirkungen auf die Handlung der Gallifrey-Hörspiele oder die Ereignisse darin werden in der Gallifrey-Serie entsprechend zusammengefasst, dass man Gallifrey trotzdem gut folgen kann.

Als Serie ist Gallifrey sicherlich besonders für diejenigen reizvoll, die schon einiges an Big Finish gehört haben und nicht genug vom erweiterten Whoniversum bekommen können. Für ganz frischgebackene Fans ist Gallifrey wahrscheinlich nichts, aber wenn man alle modernen Gallifrey-Folgen kennt und sich über Romana und Leela etwas schlau gemacht hat, sollte man für Gallifrey gerüstet sein und wird seine Freude dran finden.

  1. Zumindest in der Big-Finish-Hörspiel-Kontinuität, weshalb die zeitliche Einordnung von Shada in Romanas Lebenslauf nicht ganz einfach ist. Shada gibt es in den verschiedensten Varianten – als teilrekonstruierte Folge mit einem gealterten 4. Doctor als Erzähler (was wiederum nahtlos mit Tom Bakers Auftritt als Curator in The Day of the Doctor zusammenpasst), als Buch mit dem 4. Doctor (mit herrlichen Anspielungen auf New Who), als Hörspiel mit dem 8. Doctor (weil Tom Baker zu dem Zeitpunkt noch keine Doctor-Who-Hörspiele aufnehmen wollte, weshalb erklärt wird, dass der 4. Doctor und Romana ganz eindeutig damals nicht zu diesem Abenteuer gekommen sind, sondern stattdessen in einem Zeitwirbel feststeckten) und zu guter letzt in deutlich abgewandelter Form als Dirk Gently's Holistic Detective Agency, worin Douglas Adams so ziemlich alle Teile von Shada verwurstet, die auch außerhalb der Doctor-Who-Kontinuität funktionieren. []
  2. Der geneigte Leser sollte einen Bogen um The Apocalypse Element machen, denn obwohl dieses Hörspiel in vielerlei Hinsicht wichtig ist für nachfolgende Ereignisse im Whoniversum, ändert sich nichts daran, dass dies ein überlanges, verworrenes und in Teilen stinklangweiliges Unterfangen ist. []
  3. Neverland und Zagreus sollte man beide erst hören, wenn man schon ordentlich sattelfest in Sachen Doctor-Who-Mythologie ist. Neverland ist ein sehr gutes Hörspiel, aber praktisch unverständlich, wenn man nicht die wichtigsten Folgen der bis dato veröffentlichten Hörspiele mit dem 8. Doctor gehört hat. Zagreus ist das berühmt-berüchtigte Jubiläumshörspiel zum 40. Geburtstag. Als solches ist Zagreus wahnsinnig lang, wahnsinnig kompliziert und generell überambitioniert (es stellt allerdings in der Charakterisierung von Rassilon die Weichen für die neue Serie). Wenn man es schafft, sich auf Zagreus einzulassen, kann man durchaus seinen Spaß daran haben (der Cast hatte eindeutig Spaß bei der Sache), aber das gelingt verständlicherweise nicht jedem. []
  4. Und er wird von Miles Richardson gespielt, dessen Stimme praktisch die Definition von voice porn ist. []
← Zagreus Staffel 1–3
Staffel 4
Staffel 5–6
Intervention Earth
Enemy Lines
(Engines of War)

Kommentieren