Classic Who – Erste Staffel

Die Geschichte von Doctor Who beginnt 1963. Damals war eine Serie angedacht, die Kindern mittels Science Fiction geschichtliche und wissenschaftliche Themen näher bringen soll. Länger als die ersten beiden Staffeln hat man dieses Konzept nicht durchgehalten, das Erzählen von SF-Geschichten trat bald in den Vordergrund. Anfangs standen die Verantwortlichen bei der BBC Doctor Who eher skeptisch gegenüber und die Herangehensweise an die Aufzeichnung einer Serie war noch deutlich von der Arbeitsweise im Theater geprägt – beides schlägt sich deutlich in den damals entstandenen Folgen nieder.

Die ursprüngliche TARDIS-Besatzung besteht aus dem ersten Doctor (William Hartnell), seiner Enkelin Susan und den beiden Lehrern Ian Chesterton und Barbara Wright. Der 1. Doctor ist noch sehr schroff (was sich allerdings zum Ende der Staffel hin gibt) und als älterer Herr dargestellt1. Susan ist die prototypische Damsel in Distress – sie kreischt gefühlt im Fünf-Minuten-Takt und stellt sich auch sonst blöd an2. Ian und Barbara sind dagegen sehr patent und sympathisch. Sie reisen ursprünglich unfreiwillig in der TARDIS mit, finden sich aber schnell mit ihrem neuen Lebensinhalt (und dem Doctor) ab.

Zu Beginn der Serie war lediglich klar, dass der Doctor und Susan zeitreisende Außerirdische sind, der Rest der Doctor-Who-Mythologie war dagegen noch nicht einmal in Ansätzen entwickelt. Zwar werden die Daleks schon im zweiten Serial eingeführt, nach Doctor Who fühlt sich diese Staffel aber erst mit dem sechsten (von acht) Serials an.

Bestes Serial und außerdem der Punkt, an dem Doctor Who wirklich zu Doctor Who wird, ist The Aztecs. Ein weiteres sehr gelungenes Historical ist The Reign of Terror. Die SF-Folgen haben dagegen alle gewisse Schwächen und sind abgesehen von dem historisch bedeutsamen The Daleks eher wenig sehenswert.

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An Unearthly Child (4 Teile; Drehbuch: Anthony Coburn; Regie: Waris Hussein)

Den Lehrern Ian Chesterton und Barbara Wright kommt das Verhalten ihrer Schülerin Susan seltsam vor. Bei ihren Nachforschungen gelangen sie in die TARDIS, die anschließend in der Steinzeit landet.

An Unearthly Child ist aus heutiger Sicht solide Kost. Der erste Teil spielt in der (damaligen) Gegenwart und unterscheidet sich im Ton deutlich von den restlichen, in der Steinzeit spielenden Teilen, die sich allerdings streckenweise etwas hinziehen. Diese drei letzten Teile sind es dann auch, die dafür sorgen, dass An Unearthly Child eher wegen des historischen Wertes sehenswert ist.

Hauptsächliches Extra dieser DVD ist die alternative Variante der ersten Episode – einmal in der praktisch ungeschnittenen Studiofassung und einmal in einer leicht aufgemotzten 25-Minuten-Fassung. Bemerkenswert am Piloten ist, dass der Doctor hier sogar noch abweisender dargestellt ist als in der ursprünglich ausgestrahlten Fassung.

The Daleks (7 Teile; Drehbuch: Terry Nation; Regie: Richard Martin, Christopher Barry)

Die TARDIS-Besatzung landet auf dem Planeten Skaro, wo sie in den Konflikt zwischen Daleks und Thals verwickelt wird.

The Daleks stellt zwar den ersten Auftritt der Daleks dar, was früh die Existenz der Serie sicherte, ist aber mit ihrer im restlichen Verlauf der Serie etablierten Hintergrundgeschichte kaum vereinbar. Nach heutigen Maßstäben weist diese Folge ein äußerst gemächliches Tempo auf und hätte auch deutlich früher als nach sieben Teilen beendet werden können. Die Thals, die noch stereotyper gezeichnet sind als die Daleks, wirken gar ein bisschen überflüssig, und ich wage zu behaupten, dass die Daleks ohne sie noch rücksichtsloser und beeindruckender erscheinen würden. Wie schon die vorherige Folge ist auch The Daleks also vorwiegend von historischem Wert.

Die Extras zu The Daleks beschränken sich angesichts des wenigen Platzes auf der DVD auf eine relativ kurze Doku über die Entstehung der Daleks.

The Edge of Destruction (2 Teile; Drehbuch: David Whitaker; Regie: Richard Martin, Frank Cox)

Die TARDIS spielt verrückt und hält ihre Besatzungsmitglieder gefangen.

The Edge of Destruction ist die erste bottle episode von Doctor Who, also eine Episode, die das Budget möglichst wenig belasten soll. Als sehr kammerspielartige Episode dient sie vor allem zur Vertiefung der Charaktere, davon abgesehen ist diese Folge reichlich ereignislos.

Da das Serial selber sehr kurz ist, gibt es umso mehr Platz für Extras. Das längste Extra ist eine sehr lohnenswerte und sehr ausführliche Doku über die Umstände, in denen Doctor Who entstanden ist. Daneben gibt es noch kleinere Dokus aus der Anfangszeit von Doctor Who (davon eine über den Radiophonic Workshop der BBC) und als kleine Besonderheit die Tonspur der arabischen Synchronisation des zweiten Teils.

Marco Polo (7 Teile (alle verloren); Drehbuch: John Lucarotti; Regie: Waris Hussein)

Die TARDIS landet in China. Dort begegnen der Doctor und seine Companions Marco Polo, der die TARDIS Kublai Khan zum Geschenk machen will.

Marco Polo könnte viel spannender sein als es ist – das Serial krankt nämlich daran, dass uns Zuhörern jede Handlung des Bösewichts Tegana auf dem Silbertablett serviert wird. Zwar gibt es immer noch ein paar zusätzliche Wendungen, aber die Diskrepanz zwischen dem, was man als Zuhörer vorhersehen kann und dem, was die handelnden Figuren vorausahnen, ist so groß, dass das alles nicht mehr so richtig Spaß macht.

Dieses Serial ist das mit Abstand älteste der verlorenen Serials, was sich teilweise in der Audioqualität niederschlägt – manche Szenen sind sehr schlecht zu verstehen, obwohl man das natürlich den Produzenten nicht ankreiden kann. Die CD-Box beinhaltet eine Bonus-CD, die neben den Skripten eine Karte der Route durch China und einige Erläuterungen zu den historischen Vorlagen und Ungenauigkeiten enthält.

The Keys of Marinus (6 Teile; Drehbuch: Terry Nation; Regie: John Gorrie)

Die TARDIS landet auf dem Planeten Marinus auf einer von einem Säuremeer umgebenen Insel. Dort steht ein Computer, der per Gedankenkontrolle alles Böse von Marinus fernhalten soll – nur haben die außerirdischen Voords rausgekriegt, wie man diesem Computer widerstehen kann. Deshalb hatte der Wächter des Computers die 5 Schlüssel, die zum Betrieb des Computers benötigt werden, auf dem gesamten Planeten verteilt. Um den geupdateten Computer wieder in Betrieb zu setzen, zwingt Arbitan, der Wächter, die TARDIS-Besatzung nun zur Suche nach diesen Schlüsseln.

Das Schnitzeljagd-Format von The Keys of Marinus ist einfach ein Schuss in den Ofen. Zwar ist das Serial stellenweise wohlig gruselig, aber die in den einzelnen Folgen gestellten Gefahren sind eben viel zu harmlos, vor allem, weil sich alle Charaktere zu doof anstellen.

Abgesehen von einem kurzen Interview mit dem damaligen Set-Designer (der alles andere als begeistert ist von dem Serial) gibt es keine nennenswerten Extras.

The Aztecs (4 Teile; Drehbuch: John Lucarotti; Regie: John Crockett)

Die TARDIS landet in Tenochtitlan vor der Eroberung Amerikas durch die Weißen. Barbara wird für die Wiederkunft eines Gottes gehalten und versucht nun, den Lauf der Geschichte zu ändern, indem sie die Azteken von Menschenopfern abbringen möchte.

Was für eine herausragende Folge. Im Zentrum der Folge steht Barbara, die vom ursprünglichen TARDIS-Team ohnehin die interessanteste Figur ist. The Aztecs ist auch die erste Folge, die sich vollständig wie Doctor Who anfühlt – was größtenteils daran liegt, dass der Doctor nun langsam netter wird und nicht mehr so abweisend ist, wie in den ersten Folgen. Überhaupt gibt es kaum etwas, was man an dieser Folge aussetzen könnte: Die Sets sehen extrem gut aus (historische Sets konnte die Beeb schon immer gut), Jacqueline Hills schauspielerische Leistung ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben und selbst der überdrehte Bösewicht passt hier einfach.

Das Serial ist die erste klassische Veröffentlichung, die dem Vidfire-Prozess unterzogen wurde. Als von der Doctor-Who-schauenden Allgemeinheit heißgeliebtes Serial ist diese DVD reich mit Extras über die Entstehung, Restaurierung und den geschichtlichen Hintergrund von The Aztecs ausgestattet. Auf den Setfotos kann man außerdem schön sehen, wie farbenprächtig die Kostüme und Sets waren. Die Special Edition enthält zusätzlich zu den ohnehin schon zahlreichen Extras Episode drei von Galaxy 4 und Doctor Forever: Celestial Toyroom, der sich mit damaligen und heutigen Doctor-Who-Spielzeugfiguren beschäftigt.

The Sensorites (6 Teile; Drehbuch: Peter R Newman; Regie: Mervyn Pinfield, Frank Cox)

Die TARDIS landet auf einem Raumschiff, dessen Besatzung unter Einfluss der Sensorites steht.

Die erste Folge von The Sensorites ist noch ziemlich spannend, da die Sensorites darin noch nicht auftreten und die Ursache der Bedrohung noch unbekannt ist. Danach lässt die Spannung aber schnell nach, weil man merkt, was für Hasenfüße die Sensorites sind – das ist schade, denn The Sensorites ist eigentlich eine Parabel auf Kolonialismus und Eroberungskriege, und gut umgesetzt hätte diese Folge sicher interessanter werden können. Für die Doctor-Who-Mythologie ist diese Folge nicht ganz unwichtig, denn hier wird erstmals eingeführt, dass Time Lords prinzipiell die Fähigkeit zur Telephatie besitzen und Gallifrey wird zwar noch nicht beim Namen genannt, aber von Susan beschrieben3. Von schauspielerischer Seite hinterlässt Stephen Dartnell als verstörtes Besatzungsmitglied einen sehr guten Eindruck. Negativ fällt dagegen auf, dass Jacqueline Hill in diesem Serial ihren zweiwöchigen Urlaub hatte.

Einige der Teilfolgen sind dank der Möglichkeit, in einem größeren Studio zu drehen, komplett am Stück aufgenommen. In den Extras gibt es zwei kleine Features, die sich mit dieser vom Theater geprägten Art zu drehen beschäftigen. Das einzige andere serialspezifische Extra ist eine Spurensuche zu Peter R Newmans Leben.

The Reign of Terror (6 Teile (Episode 4 und 5 fehlen); Drehbuch: Dennis Spooner; Regie: Henric Hirsch, John Gorrie)

Der Doctor versucht, Ian und Barbara nach Hause zubringen. Stattdessen landet die TARDIS in Frankreich mitten im Großen Terror.

Mit Historicals kann man in Doctor Who nicht viel falsch machen und so ist auch The Reign of Terror sehr gelungen. Ein bisschen zu lang ist das Serial dennoch geraten – die ständigen Gefangennahmen in wechselnden Konstellationen fangen irgendwann an, ein bisschen zu nerven. Dafür sind die Charaktere sehr schön ausgearbeitet (auch wenn keiner von ihnen französische Namen korrekt aussprechen kann) und gerade Barbara glänzt mal wieder besonders. Die Atmosphäre ist natürlich auch schön eingefangen.

Stich des frühneuzeitlichen Paris
Flucht nach vorn: Anstelle eines Modells wurde gleich ein historischer Stich als Stadtansicht genommen.

Von diesem Serial ist die Mehrzahl der Folgen erhalten, die beiden fehlenden Episoden wurden animiert rekonstruiert (was, wie bereits erwähnt, nicht ganz meins ist). Als Hörspiel liegt The Reign of Terror natürlich auch vor. In den erhaltenen Folgen kann man schön sehen, dass die BBC sich trotz widriger Umstände bei Set und Kostümen nicht hat lumpen lassen. In diesem Serial wurde auch erstmals in Doctor Who on location gedreht, wenn auch nur eine kurze ereignislose Szene mit einem Double für den Doctor. Die Extras drehen sich bis auf ein kleines Making-Of um die Rekonstruktion der beiden fehlenden Folgen.

  1. Willian Hartnell war damals nur 55 Jahre alt! []
  2. Ein bisschen kann ich ja die Leute verstehen, die sich den Mist mit dem Looming ausgedacht haben und Susan als Adoptivenkelin des Doctors bezeichnen – das können einfach nicht die gleichen Gene sein. []
  3. Mit fast denselben Worten beschreibt der Doctor Gallifrey Martha gegenüber in Gridlock. RTD ließ außerdem verlauten, dass die Ood aus der gleichen Ecke des Universums wie die Sensorites stammen und entfernt mit ihnen verwandt sind. []
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