The End of Time

The End of Time scheint die Fanmassen zu spalten, wie Moses einst das Meer. Ich zähle zu den Glücklichen, die (bis auf 2-3 verzichtbare RTDismen im ersten Teil) sehr zufrieden sind mit dem Abschied des 10. Doctors, obwohl ich vorher ernsthafte Befürchtungen hatte, dass RTD seinen Abschied voll in den Sand setzt (man hat halt seine Erfahrungen als Fan). Die größte Stärke dieses Zweiteilers ist eindeutig, dass wir hier drei ganz großartige Schauspieler bewundern können, die sich allesamt die Seele aus dem Leib spielen.

Pünktlich zu Weihnachten taucht der (Simm'sche) Master wieder auf, um – natürlich – die Weltherrschaft an sich zu reißen. Zusammen mit Wilf muss der Doctor jedoch nicht nur den Master im Zaum halten, sondern auch die Rückkehr der Time Lords und damit des Time Wars verhindern.

Die drei Gründe, warum ich dieser Folge sämtliche Schwächen verzeihe, heißen David Tennant, John Simm und Bernard Cribbins. Ausnahmslos alle Szenen, in denen zwei von ihnen oder alle drei auftreten, sind vollkommen wunderbar. Ganz besonders gelungen sind die Cafészene mit Wilf und dem Doctor und die Szene mit Doctor und Master in der Fabrikhalle. Diese Szenen werden komplett von den jeweiligen Schauspielern getragen, außer Dialog passiert da nichts. Ein weiterer ganz großer Moment für Tennant ist die Szene, als die Time Lords gerade verschwunden sind und der Doctor dem Tod bzw. der Regeneration gerade nochmal von der Schippe gesprungen ist – nur um gleich darauf das berüchtigte Klopfen zu vernehmen. Wir werden Zeuge einer beeindruckend dargestellten emotionalen Achterbahnfahrt: Vom ungläubigen Staunen, dass er noch lebt, über den Unwillen, wegen einer Lappalie zu sterben, bis hin zu dem Entschluss, sich für Wilf zu opfern. Letztere Entscheidung ist es auch, die klar macht, dass der Doctor den in The Waters of Mars eingeschlagenen Weg nicht weiter geht (obwohl er am Anfang von The End of Time noch ganz klar im arrogantes-Arschloch-Modus war1).

Soweit ich bisher mit den Time Lords zu tun hatte (was ausschließlich in Hörspielen passiert ist, in den klassischen Folgen konnte ich sie noch nicht sehen), fand ich sie nie übermäßig sympathisch, deshalb bin ich nicht böse, dass man sie in der neuen Serie von vornherein rausgeschrieben hat. In The End of Time zeigt sich nun, dass sie im Verlauf des Time Wars vollends größenwahnsinnig geworden sind. Ihre Pläne zu Zerstörung der Zeit an sich macht sie sogar fast zu größeren Monstern als die Daleks, denn letztere wollten die Realität vor allem zerstören, um zu zeigen, dass sie es können.

Bemerkenswerterweise ist The End of Time, obwohl sozusagen ein Super-Finale, eine der Folgen mit den geringsten Totenzahlen2. Die Zivilbevölkerung wird weitesgehend verschont und im zweiten Teil stirbt gar keiner, zumindest wenn man bedenkt, dass die Time Lords technisch betrachtet schon seit der ersten Folge mit den 9. Doctor tot sind. Dass der Master aus der Sache lebend wieder rauskommt, steht sowieso außer Frage, er ist schließlich der Master. Er gefällt mir in dieser Folge außerdem wesentlich besser als im Finale der 3. Staffel, denn hier ist er nicht nur einfach so wahnsinnig, sondern eine mindestens ebenso tragische Figur wie der Doctor. Damit die Folge nicht vollkommen ins tiefemotionale abrutscht, gibt es auch immer wieder auflockernde Szenen; insbesondere Wilfs Rentnertruppe ist herzallerliebst.

weiter…

Mit der Abschiedsrunde des Doctors hat RTD zwar noch ein paar ausgewählte Handlungsfäden wieder aufgenommen, aber glücklicherweise auch genug Fragen unbeantwortet gelassen3. Bei Den of Geek wurde die Abschiedsrunde mit den schönen Worten [The Doctor] called all this his reward, but really, it was ours zusammengefasst, was ich nur unterschreiben kann. Ein paar Anmerkungen zu den einzelnen Abschieden: Die Sache mit Martha und Mickey kommt zwar im ersten Moment etwas überraschend, ist aber an sich nicht unlogisch – da ist die Beziehung mit Tom eben auseinandergegangen, sowas passiert halt, und dass Martha nichts mehr mit UNIT zu tun haben will, kann ich sehr gut verstehen. Der Witz hinter der Szene mit Luke wird im Confidential erklärt, RTD sagt nämlich dort, dass die Kinder in den SJA für eine pädagogisch halbwegs wertvolle Serie erschreckend selten nach links und rechts kucken, wenn sie über die Straße gehen4. In Jacks Szene wird Children of Earth nicht angesprochen (leider oder glücklicherweise, ich weiß nicht, was eher zutrifft), dafür bekommt Jack eine kleine Entschuldigung für die unzähligen Male, die der Doctor ihn am Flirten gehindert hat. Dabei sehen wir nochmal viele bekannte und sogar ein paar neue Aliens (Nick Briggs ist dementsprechend auch zu hören, er spricht den Judoon). Das Treffen mit der Urenkelin von Joan aus Human Nature / The Familiy of Blood war auch schön, denn Joan war (neben Adelaide aus The Waters of Mars) eine der wenigen Personen, die dem 10. Doctor im übertragenen Sinne mal ordentlich vors Schienbein getreten hat. Donna ist im normalen Leben glücklich geworden, was der Doctor eigentlich allen ehemaligen Companions wünscht, nur dass es bei den meisten eben nicht klappt. Zum Schluss macht RTD einen Sprung zurück an die Anfänge der neuen Serie, indem der Doctor Rose besucht, bevor sie mit seinem 9. Selbst auf Reisen ging5. Es ist natürlich schade, dass der Doctor anschließend mutterseelenallein regenerieren muss, dennoch ist sein Ende würdig.

Die Einführungsszene des 11. Doctors ist leider etwas nichtssagend (Tennant hatte hier den Vorteil, dass der 10. Doctor eine eigene Nach-Regenerations-Mini-Episode bekommen hat). Im Trailer macht er dagegen schon einen wesentlich besseren Eindruck. Spätestens mit dem Trust me, I'm the Doctor hat er mein Herz gewonnen.

  1. RTD erlaubt sich dabei einen kleinen Witz von geradezu Moffat'scher Qualität, der uns Gelegenheit gibt, ein wenig über das Sexualleben des Doctors zu spekulieren. Mit relativer Sicherheit wissen wir von folgenden Bettgeschichten des Doctors: Elizabeth I (eben hier in The End of Time erwähnt, was außerdem endlich erklärt, weshalb sie in The Shakespeare Code so sauer auf ihn war), Mme de Pompadour (The Girl in the Fireplace, die Dance-Metapher mal wieder) und River Song (Silence in the Library / Forest of the Dead, der Kommentar bezüglich der Handschellen ist eindeutig zweideutig; aus Sicht des Doctors liegt diese Beziehung allerdings noch in der Zukunft). []
  2. Ich hatte vorher solche Angst um Wilf und/oder Donna. RTD, der alte Sadist, bringt bekanntermaßen gerne Lieblingsfiguren um, und da das hier seine Abschiedsfolge ist, hatte ich ganz, ganz schlimme Befürchtungen. Naja, hab ich die Taschentücher halt umsonst gekauft, aber die verderben ja nicht. []
  3. Update: Wie man später in Death of the Doctor erfahren kann, hat der Doctor nach allen seinen Companions gesehen und nicht bloß nach denen, die man in The End of Time gezeigt hat. []
  4. Da machense einem in The Wedding of Sarah Jane Smith erst so ne Angst, und nüscht war. []
  5. Was ein Glück, dass man Rose nicht schon wieder aus ihrem Paralleluniversum geholt hat. []
Waters of Mars
The Day of the Doctor
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