Classic Who – Dreizehnte Staffel

Mit dem 4. Doctor erreichte Doctor Who einen vorläufigen Höhepunkt der Popularität. Tom Baker ist bis heute der Doctor-Darsteller, der den Doctor über die längste Zeit kontinuierlich im Fernsehen dargestellt hat, nämlich über sieben Jahre, und gilt vielen als Lieblingsdoctor aus der klassischen Serie. Die 13. Doctor-Who-Staffel enthält besonders viele Folgen, die Big Finish Jahrzehnte später in verschiedenen Hörspielen wieder aufgegriffen hat.

Das auffälligste Merkmal des 4. Doctors ist sein langer Schal – der Legende nach wurde der Frau, die den Schal stricken sollte, ohne Längenvorgabe die Wolle in die Hand gedrückt und sie strickte, bis die Wolle alle war. Der 4. Doctor ist wahrscheinlich der exzentrischste aller Doctoren. Anfangs reist er mit Sarah Jane, die vorher bereits Companion des 3. Doctors war. Sie ist eine Journalistin, die sich von nichts und niemandem abhängig machen will. Zweiter Companion ist Harry Sullivan, ein bei der Marine tätiger Arzt und auf dessen Kosten so mancher Witz geht. Harry wird in dieser Staffel verabschiedet und der Doctor und Sarah reisen zu zweit weiter. In dieser Staffel sehen wir außerdem zum letzten Mal Sergeant Benton, und zum zumindest vorläufig letzten Mal den Brigadier.

In der 13. Staffel ist die Handschrift von Philip Hinchcliffe und Bob Holmes deutlich zu merken. Die Serials sind dementsprechend gut durchdacht – auch in Bezug darauf, was mit den Sets und Effekten, die man sich leisten kann, zu machen ist – und es wurde großer Wert auf eine passende Atmosphäre und das Engagement der passenden Regisseure und Schauspieler gelegt. Das macht sich in der Qualität bemerkbar, die verglichen mit der vorherigen Staffel, deren Struktur noch vom vorherigen Produktionsteam dominiert wurde, deutlich höher ist. Allenfalls abgesehen von Terror of the Zygons ist jedes Serial eine Hommage an entweder einen konkreten Horrorklassiker oder an ein ganzes Genre. Highlights der Staffel sind die beiden Serials, in denen Douglas Camfield Regie geführt hat, Terror of the Zygons und The Seeds of Doom, sowie Planet of Evil.

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Terror of the Zygons (4 Teile; Drehbuch: Robert Banks Stewart; Regie: Douglas Camfield)

Der Brig hat den Doctor nach Schottland gerufen – dort wurden mehrere Bohrplattformen unter mysteriösen Umständen versenkt. Bald zeigt sich, dass Aliens begonnen haben, die Erde in ihrem Sinne umzugestalten. Obendrein kann man niemandem mehr trauen, denn die Zygons können die Gestalt von Menschen annehmen.

Terror of the Zygons ist zwar der einzige Auftritt dieser Aliens in der klassischen Serie, aber das Serial und die Zygons haben so einen Eindruck hinterlassen, dass sie sowohl mehrere Auftritte in den Big-Finish-Hörspielen haben als auch die Monster der Wahl für den 50. Geburtstag von Doctor Who waren (außerdem soll es einen Pornofilm mit Zygons geben…). Zwar hat das Geld damals nicht für einen Dreh in Schottland gereicht (sondern nur für einen Dudelsack) und das Loch-Ness-Monster strahlt mehr B-Movie-Charme als blanken Terror aus, aber dafür hat man sich beim Raumschiff der Zygons nicht lumpen lassen. Sowohl das Set für das Raumschiffinnere als auch das Raumschiffmodell sehen beide super aus. Ebenso sind die Zygon-Kostüme herausragend gut – nicht umsonst wurden die Zygons für ihre Auftritte in der neuen Serie optisch kaum verändert.

Harrys Zygon-Klon kurz vor der Attacke auf Sarah Jane.
Harrys Zygon-Kopie führt böses im Schilde.

Terror of the Zygons ist aber nicht nur wegen der gelungenen Kostüme und Sets so gut, sondern weil die Darsteller alles geben. Sehr schade ist, dass dies die letzte Folge mit Harry als regulärem Companion ist – das Team Baker/Sladen/Marter ist inzwischen richtig eingespielt. Harry darf in diesem Serial endlich mal richtig kompetent sein und Ian Marter ist als Harrys Zygon-Double richtig, richtig gruselig. John Woodnutt in einer Dreifachrolle als Chef-Zygon, schottischer Duke und Zygon-Kopie vom schottischen Duke hinterlässt ebenfalls einen bleibenden Eindruck. Und natürlich macht das Wiedersehen mit UNIT Freude. Terror of the Zygons ist aber kein UNIT-Serial der alten Sorte, sondern deutlich Hinchcliffe/Holmes'scher Gothic Horror.

Die DVD-Box enthält reichlich Extras. Neben dem üblichen Making-Of gibt es ein Feature über Douglas Camfields Leben und Werk (Douglas Camfield ist nebenbei bemerkt mein Lieblingsregisseur der klassischen Serie – wenn er ein Serial angefasst hat, kann man sicher sein, dass er das bestmögliche Ergebnis rausgeholt hat) und den dritten Teil der "UNIT-Family"-Reihe.

Planet of Evil (4 Teile; Drehbuch: Louis Marks; Regie: David Maloney)

Die TARDIS empfängt ein Notsignal und landet deshalb auf dem Planeten Zeta Minor. Dort wurden fast alle Teilnehmer einer geologischen Expedition getötet. Eine Rettungsmission wurde bereits auf den Weg gesandt, deren Teilnehmer annehmen, dass der Doctor und Sarah etwas mit den Morden an den Expeditionsteilnehmern zu tun haben.

Planet of Evil ist eine der klassischen Folgen, die überschwänglich – und berechtigterweise – für ihr Design gelobt wird. Klassisches Doctor Who sieht oft genug viel zu hell beleuchtet aus, um wirklich gruselig zu sein. Die Serials der Hinchcliffe-Ära und insbesondere Planet of Evil machen diesen Fehler nicht. Die schummrige Atmosphäre erlaubt es daher auch, damit zu arbeiten, dass man sich am meisten vor dem gruselt, was man nicht sieht. Entsprechend wird auch CSO sehr clever verwendet – das hatte man zu der Zeit immer noch nicht richtig im Griff, aber für das Antimaterie-Monster, das nur aus Umrissen besteht, ist die nicht ganz funktionierende Green-Screen-Technik absolut das richtige.1 Doch nicht nur das vielgelobte Dschungel-Set ist herausragend, sondern auch das sehr geräumig erscheinende Raumschiffset sorgt dafür, dass das Setting so rübergebracht wird, wie selten in futuristischen Doctor-Who-Folgen.

Professor Sorensen mit glühenden Augen.
Professor Sorensen verwandelt sich in einen Antimaterie-Menschen.

Bei den Gast-Schauspielern fällt Michael Wisher besonders auf, der hier seine letzte Rolle in Doctor Who hat. Wie immer muss man zweimal hinkucken, um ihn zu erkennen, weil er es schafft, jedes Mal anders auszusehen und sich vor allem völlig anders anzuhören. Ebenso herausragend ist Frederick Jaeger als Professor Sorensen, der sich peu à peu selber in einen Antimaterie-Menschen verwandelt – mit Make-Up, das uns die Transformation glaubhaft macht. Das Serial ist durch all diese Faktoren hervorragend gealtert und von daher überrascht es nicht, dass sich 42 optisch und inhaltlich an Planet of Evil anlehnt.

Diesmal gibt es zwei Making-ofs – eins aus der eher technischen Perspektive der Produktion dieses Serials (was mich besonders glücklich macht, da ich mich eher für die technische Seite der Dinge interessiere) und eins aus Sicht der beteiligten Schauspieler.

Pyramids of Mars (4 Teile; Drehbuch: Lewis Greifer, Robert Holmes; Regie: Paddy Russell)

Die TARDIS verfehlt ihr Ziel ein wenig und landet in einem Anwesen im Jahre 1911. Der Besitzer des Anwesens ist Ägyptologe und wie man es in so einem Setting erwarten kann, tauchen bald Mumien auf. Dahinter steckt ein Anhänger Sutekhs – Sutekh gehört einer inzwischen ausgestorbenen Alienrasse an und wird auf dem Mars gefangengehalten. Er möchte entkommen, um über das Universum zu herrschen.

Die Handlung reißt mich nicht gerade vom Hocker (das Drehbuch wurde mehrfach umgeschrieben und das merkt man), aber es macht trotzdem Spaß, Pyramids of Mars anzukucken, denn das Serial ist wunderbar schaurig und verwurstet mit einer Freude alle Mumien-Klischees zu einem typischen Doctor-Who-Mix. Gabriel Woolf spielt Sutekh betont zurückhaltend, was Sutekh besonders unheimlich erscheinen lässt. Pyramids of Mars ist außerdem eine der Folgen, die den Bodycount in die Höhe treibt: Alle Figuren außer dem Doctor und Sarah – die inzwischen so miteinander vertraut sind, dass wir einige sehr schöne Dialoge zwischen den beiden bekommen – sind am Ende tot.

Die DVD enthält neben dem Making-Of eine ausführliche Doku über Philip Hinchcliffes Zeit als Doctor-Who-Produzent (sogar mit einem Interview-Ausschnitt mit Mary Whitehouse!) und als kleines Extra zum Schmunzeln wurde Gabriel Woolf engagiert, um Sutekh in einem Behind-the-Scenes-Feature zu spielen, worin wir unter anderem Sutekhs Kaninchen Neil (Neil before the might of Sutekh!) kennenlernen.

The Android Invasion (4 Teile; Drehbuch: Terry Nation; Regie: Barry Letts)

Die TARDIS landet bei einem nem kleinen englischen Dörfchen. Die Bevölkerung und selbst einige vor Ort stationierte UNIT-Soldaten wurden gegen Androiden ausgetauscht.

The Android Invasion hat seine Probleme, doch die betreffen fast alle den letzten Teil – und den Titel. Wenn der nicht wäre, würde man nämlich erst am Ende der zweiten Folge erfahren, was in dem beschaulichen Dörfchen vor sich geht. Das Serial hat nämlich einen sehr gut konstruierten Spannungsbogen und selbst nach dem Cliffhanger der zweiten Episode ist man immer noch nicht voll im Bilde. Man darf zwar nicht zu sehr drüber nachdenken, wie der Plan der Aliens im Detail funktionieren soll, aber Spaß machts. Dass die letzte Folge etwas enttäuschend ist, hängt auch nicht mit der Handlung zusammen, sondern damit, wie UNIT nur halbherzig in dieses Serial integriert wird. Ian Marter spielt die meiste Zeit Harrys Android-Double (was er zwar sehr gut kann, trotzdem deshalb sehen wir den richtigen Harry nur in der letzten Folge), der Brig wurde ersetzt durch einen anderen Schnauzbartträger (Nicholas Courtney war zum Dreh schon anderweitig engagiert) und Benton ist ebenfalls die meiste Zeit ein Android-Double und der echte Benton verschwindet irgendwann kommentarlos von der Bildfläche. Zugegebenermaßen hat Philip Hinchcliffe damals damit gerechnet, dass die beiden irgendwann später auftauchen würden und deshalb keine Abschiedsszenen brauchen; als Fan wird man dennoch enttäuscht zurückgelassen.

Das Making-Of enthält neben Interviews mit den Schauspielern und mit den hinter den Kulissen beteiligten auch Interviews mit den Dorfbewohnern. Außerdem gibt es eine recht ausführliche Doku über Philip Hinchcliffes Karriere.

The Brain of Morbius (4 Teile; Drehbuch: Terrance Dicks, Robert Holmes; Regie: Christopher Barry)

Die TARDIS kommt vom Kurs ab und landet auf Karn. Auf diesem Planeten hat sich die Sisterhood of Karn niedergelassen, und außerdem hat sich dort ein Wissenschaftler namens Solon niedergelassen, der den gefürchteten Time Lord Morbius wiederbeleben möchte.

Mit den Klassikern unter den gothic-horror-Serials ist es bei mir so eine Sache – manche machen mir ganz doll Spaß, andere zünden bei mir überhaupt nicht. The Brain of Morbius fällt in letztere Kategorie, trotz eines blendend aufgelegten Philip Madoc und der Präsenz der Sisterhood of Karn. Woran ich mich aber immerhin festhalten kann, ist, dass dieses Serial die weitere Geschichte von Doctor Who nicht ganz unbedeutend ist. Zum einen durch eine unfreiwillig kontroverse Szene – im Kampf der Gedanken zwischen dem Doctor und Morbius sehen wir etliche Gesichter (es handelt sich samt und sonders um Mitglieder des Produktionsteams) und es wird impliziert, dass sie frühere Inkarnationen des Doctors sind. Das war damals auch durchaus so gedacht, aber das beißt sich natürlich mit der Mythologie der Serie, die danach kam, weshalb diese Gesichter heute überwiegend als frühere Inkarnationen von Morbius betrachtet werden. Zum anderen wird die Sisterhood of Karn zur Zeit des Time War ganz bedeutend werden und insbesondere für den 8. Doctor spielt die Sisterhood eine ganz wichtige Rolle. Abgesehen davon sehen wir in der ersten Folge, wie der 4. Doctor, der doch so betont alienhaft ist, gegen die Time Lords wettert – er steht also durchaus zwischen den Stühlen, und obwohl er weit mehr Distanz zur Menschheit halten möchte, kann er sich auch mit den Time Lords nicht mehr so richtig anfreunden.

Die Extras halten sich in relativ engen Grenzen. Neben dem Making-Of gibt es eine Doku über das Setdesign und in einem animierten Feature lässt sich nachvollziehen, wie das Set aufgebaut war.

The Seeds of Doom (6 Teile; Drehbuch: Robert Banks Stewart; Regie: Douglas Camfield)

Der Doctor und Sarah reisen in die Antarktis, wo Krynoid-Samen entdeckt wurden. Die Krynoids können alles tierische in pflanzliches Leben umwandeln – und genau deshalb will der Millionär Chase diese Samen bekommen.

The Seeds of Doom ist leider ein Sechsteiler – zwar wird durch verschiedene Schauplätze und allgemein ein gleichmäßiges Tempo versucht, das beste daraus zu machen, aber das klappt eben nicht vollständig. Ebenso wurde sehr darauf geachtet, dass die Effekte gut geraten, und das hat geklappt. Dieses Serial ist das letzte mit Douglas Camfield als Regisseur, was sich wie immer rundum positiv bemerkbar macht – er konnte einfach, selbst unter widrigsten Bedingungen, das beste aus allen herausholen. Für Doctor Who ist The Seeds of Doom erstaunlich gewalttätig – im berüchtigten Komposter werden ganze Menschen geschreddert (allerdings ohne dass Blut fließt) und der Doctor findet sich mehr als einmal in kleinen Faustkämpfen wieder. Andererseits passt das zu dem herrlich bösen Unterton dieses Serials. Ein großes Manko ist allerdings, dass wir nicht das übliche UNIT-Personal wiedersehen.

Als Extras gibt es wie immer eine Doku und neben dem üblichen Kleinkram (es ist mal wieder ein damals-und-heute-Vergleich der Drehorte enthalten, und es sieht kaum was anders aus als früher) erklärt Graeme Harper, wie ein Dreh von Doctor Who damals organisiert wurde.

  1. Antimaterie funktioniert übrigens nicht so, wie in diesem Serial dargestellt. []
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