Classic Who – Fünfte Staffel

In der 4. Staffel begann und endete mit den Daleks, in der 5. Staffel kommt den Cybermen diese Ehre zu. Einige wiederkehrende Monster werden hier eingeführt und vor allem lernen wie in dieser Staffel Alistair Gordon Lethbridge-Stewart (hier noch ohne UNIT) kennen.

Der zweite Doctor ist deutlich weniger grummelig als der erste Doctor. Er erweckt bewusst einen durch und durch harmlosen Eindruck, weshalb er leicht unterschätzt werden kann. Sein dienstältester Companion, der bei allen außer einer Folge dabei ist, ist der Schotte Jamie. Er stößt in der Schlacht von Culloden in der (verlorenen) Folge The Highlanders zum TARDIS-Team und reist mit dem 2. Doctor bis zur Regeneration. Jamie fehlt zwar das technische Verständnis für neumodische Errungenschaften, aber davon lässt er sich nicht unterkriegen. Er ist außerdem furchtbar liebenswert. Neben Jamie hat der 2. Doctor noch einige andere Companions. Von der letzten Folge der vorherigen Staffel an, The Evil of the Daleks, bis zu Fury from the Deep (kurz vor Ende der fünften Staffel) gehört Victoria zur TARDIS-Besatzung, die aus viktorianischen Zeiten stammt. In der letzten Folge, The Wheel in Space, stößt Zoe Heriot zum TARDIS-Team.

Leider sind gerade die Episoden vom zweiten Doctor in besonderem Maße von den Löschungen betroffen, etwa die Hälfte aller Teilepisoden sind – womöglich unwiederbringlich – verloren. In der 5. Staffel sieht es immerhin schon besser aus als in der 4. Staffel – nur noch eine Folge ist gänzlich verloren, und es gibt sogar drei Serials, die vollständig erhalten sind. Damit man einen gewissen Eindruck von den verlorenen Folgen bekommen kann, hat die Beeb für die meisten der betroffenen Folgen Fotoromane zusammengestellt, für die bei der Produktion gemachte Fotos genutzt werden. Die erhaltenen Teilepisoden und Schnipsel der verlorenen Folgen sind in der Regel auf der Lost-in-Time-Box enthalten. Die Tonspuren der verlorenen Folgen sind erfreulicherweise vollständig erhalten und wurden auf CD bzw. zum Download veröffentlicht.

Die fünfte Staffel wird sogar noch mehr als die vierte Staffel von base-under-siege-Folgen dominiert. Die klassische Folge der 5. Staffel ist The Tomb of the Cybermen, die Inspiration für viele weitere Cybermen-Folgen ist. Ebenfalls lohnenswert sind The Enemy of the World und The Web of Fear, was der erste Auftritt von Col. Alistair Lethbridge-Stewart ist.

← 4. Staffel Zur Auswertung der einzelnen Folgen 6. Staffel →
The Tomb of the Cybermen (4 Teile; Drehbuch: Kit Pedler, Gerry Davis; Regie: Morris Barry)

Die TARDIS landet auf dem Planeten Telos, wo gerade eine Expedition die Hinterlassenschaften der Cybermen erkundet.

The Tomb of the Cybermen ist das erste vollständig erhaltene Serial mit dem zweiten Doctor und gleichzeitig einer der Klassiker der Serie. Das Serial ist nicht ohne Probleme – die Charaktere sind gar zu offensichtlich in Gut und Böse eingeteilt und die Darstellung von Toberman nimmt alle möglichen rassistischen Klischees mit, was nicht damit zu entschuldigen ist, dass das damals halt so war, denn Fariah in The Enemy of the World zeigt, dass es auch anders ging. In Bezug auf die Cybermen hat The Tomb of the Cybermen viele Motive eingeführt, von denen Cybermen-Folgen noch heute zehren – Cybermen, die durch Glas oder Plaste durchbrechen, sieht man wahrscheinlich in jeder Doctor-Who-Folge nach 1967 (einzig die Cybermats wurden in den darauffolgenden Jahren etwas vernachlässigt). Kit Pedler, einer der Schöpfer der Cybermen, war eigentlich Elektronenmikroskopiker und nur nebenbei Science-Fiction-Autor, weshalb The Tomb of the Cybermen überraschend wissenschaftlich korrekt ist. Normalerweise ist mangelnde Wissenschaftlichkeit kein Problem in Doctor Who, weil die Serie gar nicht erst den Anspruch erhebt (im Gegensatz z.B. zu CSI und Konsorten, die die wissenschaftlichen Sachen dennoch gewaltig versemmeln), aber schön isses trotzdem mal.

Cybermat im frühesten Design
Darf ich vorstellen: Ein(e) Cybermat, 1967er Ausgabe.

The Tomb of the Cybermen wurde kürzlich in der Revisitations-3-Box wiederveröffentlicht, zusammen mit Extras, die so umfangreich sind wie das Serial selbst.

The Abominable Snowmen (6 Teile (1 und 3–6 fehlen); Drehbuch: Mervyn Haisman, Henry Lincoln; Regie: Gerald Blake)

Die TARDIS landet im Himalaya in der Nähe eines Klosters, in dem der Doctor 300 Jahre zuvor schon einmal zu Besuch war. Ebendieses Kloster wird von Yetis bedroht1.

The Abominable Snowmen ist eine von diesen klischeehaften billigen klassischen Folgen, von denen es glücklicherweise nur wenige gibt. Bösewicht hinter den Yeti ist The Great Intelligence – es wird aber nie gesagt, was diese Intelligenz genau ist und welche Motivation sie hat. Überhaupt ist dieses Serial einfach zu lang und es wird viel Zeit geschunden, indem die TARDIS-Besatzung abwechselnd gefangen genommen wird, wodurch auf Dauer jede Spannung flöten geht. Vier statt sechs Teile hättens auch getan.

Von diesem Serial ist die zweite Folge erhalten. Dabei zeigt sich, dass es auch um die optischen Qualitäten dieser Folge ziemlich schlecht bestellt ist: Dass die Mönche sehr untibetisch aussehen und dass die Berge in Nord-Wales dem Himalaya nur begrenzt ähneln, kann man noch verschmerzen, aber die Yeti-Kostüme sehen wirklich doof und viel zu harmlos aus und ähneln eher Samson aus der Sesamstraße als dem, was man sich gemeinhin unter einem Yeti vorstellt.

The Ice Warriors (6 Teile (2 und 3 fehlen); Drehbuch: Brian Hayles; Regie: Derek Martinus)

Die TARDIS landet in Großbritannien in einer zukünftigen Eiszeit. Bei Arbeiten auf dem immer näher rückenden Gletscher wird ein Ice Warrior ausgegraben.

Dieses Serial ist tatsächlich eins, das gewinnt, wenn man es mit eigenen Augen sieht und nicht bloß hört. Die Ice Warriors sind zwar nicht die hellsten Widersacher des Doctors und das Gezischel ist auch nicht so schön anzuhören, aber immerhin sind sie in diesem Serial schön furchteinflößend. (Schon bei ihrem nächsten Auftritt ist das nicht mehr so, denn da sind die Kostüme bereits zu kaputt, um irgendwem noch Angst einzujagen.) Die Handlung kommt in diesem Serial nicht so ganz zum Punkt – das sind sicherlich auch Ermüdungserscheinungen meinerseits, denn irgendwann reichts auch mit den Base-under-Siege-Szenarien –, aber durch seine optischen Qualitäten wird The Ice Warriors deutlich über den Durchschnitt gehievt, nicht zuletzt, weil die namensgebenden Aliens, behäbig wie sie eigentlich sind, hier ordentlich in Szene gesetzt werden.

Von diesem Serial ist die Mehrzahl der Folgen erhalten; die fehlenden zwei Episoden wurden rekonstruiert (wie immer ist die dabei verwendete Art der Rekonstruktion nicht mein Tässchen Tee). Die Kulissen dieses Serials sind so hervorragend gebaut, dass man vergisst, dass diese Folge praktisch ausschließlich im Studio gedreht wurde, während man normalerweise bei frühem Doctor Who nur zu schmerzhaft daran erinnert wird. Die Extras fallen nicht ganz so reichlich aus, die Making-of-Doku allein ist aber schon viel wert. Besonders Sonny Caldinez' Beiträge darin – er hat einen der Ice Warriors gespielt – regen sehr zum Schmunzeln an.

The Enemy of the World (6 Teile; Drehbuch: David Whitaker; Regie: Barry Letts)

Die TARDIS landet auf der Erde irgendwann in der mittelfernen Zukunft, wo der rücksichtslose Salamander – der dem Doctor erstaunlich ähnlich sieht – langsam aber sicher die Kontrolle übernimmt.

The Enemy of the World weicht vom üblichen Schema dieser Staffel ab, hier gibt es nämlich keine gesteuerten oder ungesteuerten Alienarmeen. Stattdessen haben wir es mit einem menschlichen Bösewicht zu tun. Obwohl dieses Serial etwas behäbig ist und der Diktatoren-Plot nichts ausgefallenes ist, macht The Enemy of the World Spaß und bleibt über alle Teile hinweg spannend. Großen Anteil daran hat Patrick Troughton, der hier eine Doppelrolle spielt und einen herrlich bösen Bösewicht geben kann – in der Tat sieht Salamander anders aus als der Doctor und stimmlich liegen Welten zwischen den beiden.

Die Audiofassung dieses Serials hat in Massenszenen teilweise einen etwas schlechten Ton, der die Dialoge nur schwer verständlich macht. Die eine Folge, die in Ton und Bild erhalten ist, lässt erahnen, dass es sich hier um eine der optisch ansprechendsten Folgen dieser Staffel handelt – das Luftkissenfahrzeug und der Heli in der ersten Folge sind echt (obwohl die Explosion vom Heli zur Schonung des Budgets aus einem James-Bond-Film geklaut wurde) und die Schauplätze sehen auch hübsch aus.

Update: Dieses Serial wurde 2013 komplett in Nigeria aufgefunden, und meine Vermutung hat sich bewahrheitet: Wenn man das alles sehen kann, wirds viel interessanter. Es passiert nämlich ziemlich viel auf dem Bildschirm, was in der Audiofassung so nicht rüberkommt. Was ein Glück, dass dieses Serial wieder vollständig ist. Einen Wermutstropfen gibt es aber: Die DVD, auf der The Enemy of the World veröffentlich wurde, enthält gar keine Extras. Einerseits kann es natürlich sein, dass das Budget für DVD-Extras komplett verplant ist, andererseits geschieht mindestens die optische Restaurierung so einer Folge nicht von heute auf morgen und man hätte vielleicht doch einen Weg finden können, wenigstens ein ganz kleines Extra zu drehen.

The Web of Fear (6 Teile (3 fehlt); Drehbuch: Mervyn Haisman, Henry Lincoln; Regie: Douglas Camfield)

Die TARDIS landet in der Londoner U-Bahn, wo die Yetis ihr Unwesen treiben. London ist angesichts der Invasion wie ausgestorben, lediglich einige Soldaten, unter ihnen Col. Lethbridge-Stewart, halten die Stellung.

The Web of Fear führt die Handlung von The Abominable Snowmen fort. Richtige Hintergründe über die Great Intelligence kriegen wir zwar immer noch nicht (Größenwahnsinn allein ist mir eben doch zu wenig), aber immerhin erscheint The Web of Fear nicht so wahl- und motivationslos wie die Vorgängerfolge. Abgesehen von diesen grundsätzlichen Schwächen der Story ist dieses Serial erfreulich spannend – da Trevor für den Doctor und seine Companions bürgen kann, bleibt uns diesmal weitestgehend das wechselseitige Gefangensetzen unserer Helden erspart und der (zukünftige) Brig ist sowieso über jeden Zweifel erhaben. Davon abgesehen wird in diesem Serial festgestellt, dass die TARDIS überproportional häufig auf der Erde landet – wenn ich mich nicht täusche, ist diese Folge die erste, in der ausschließlich das gegenwärtige London Opfer einer Invasion wird2. Die erste Teilfolge bietet außerdem folgenden schönen Dialog: What's a girl like you doing in a job like this?Well, when I was a little girl, I thought I'd like to be a scientist, so I became a scientist.

Die erste Folge dieses Serials ist erhalten, und im Gegensatz zu The Abominable Snowmen macht The Web of Fear optisch einiges her. Die U-Bahn-Sets sind sogar so gut gebaut, dass die Beeb damals zu Unrecht beschuldigt wurde, ohne Drehgenehmigung in der Tube gedreht zu haben. Selbst die Yetis sehen jetzt besser und bedrohlicher aus.

Update: Wie schon The Enemy of the World gewinnt The Web of Fear ganz stark dazu, wenn man das Serial endlich (fast) vollständig sehen kann. Die Optik der Folge ist die ganze Zeit exzellent, da man zum einen richtig gute Sets hat und diese Sets zum anderen auf die richtige Art und Weise eingesetzt werden, sodass man schlichtweg nicht sieht, dass im Studio gedreht wurde und nicht on location (ich habe jetzt nicht nachgekuckt, aber ich bilde mir ein, dass auch die erste Episode jetzt eine bessere Bildqualität hat, wodurch man z.B. Julius Silversteins Gruselkabinett viel besser genießen kann). Zu meiner großen Freude wurde die 3. Folge nicht animiert – Gerüchten zufolge wurde diese Folge zwar auch gefunden, aber die Qualität wäre so schlecht gewesen, dass sie nicht verwendbar war –, sondern mit Standbildern rekonstruiert.

Fury from the Deep (6 Teile (alle verloren); Drehbuch: Victor Pemberton; Regie: Hugh David)

Die TARDIS landet in der Nähe einer Gasförderstation an der britischen Küste, die von einem Algenlebewesen heimgesucht wird.

Fury from the Deep leidet wahrscheinlich ein wenig darunter, dass dies das 5. Serial in Folge ist, das auf der Erde spielt und es in der Ära des zweiten Doctors sowieso mehr als genug Folgen gibt, in denen eine mehr oder weniger isolierte Station von einem einzelnen oder einer kleinen Gruppe von Aliens invadiert wird. Daher ist diese Folge einfach nichts herausragendes mehr, obwohl es an sich nur wenig konkretes zu bemängeln gibt. Sehr wohl etwas zu meckern habe ich allerdings im Zusammenhang mit Victorias Abschied: Nun ist mir schon klar, dass zu dieser Zeit noch nicht so genau auf die Charakterentwicklung geachtet wurde wie in späteren Ären von Doctor Who, aber Victorias Gejammere über die Gefahren hätte einfach schon ein bisschen eher angedeutet werden müssen. Wenn Victoria gefühlt alle 10 Minuten feststellt, dass sie langsam die Nase voll hat vom Rumreisen mit dem Doctor, dann nervt das schon ein bisschen.

Fury from the Deep ist die letzte Doctor-Who-Folge, die vollständig gelöscht wurde. Ein bisschen Videomaterial gibt es trotzdem – einige kurze geschnittene (da für zu brutal befundene) Szenen, das damalige Äquivalent zu Outtakes und einen Farbfilm, der die Dreharbeiten zeigt. Besonders auf dem Studiofilm kann man sehen, welcher Aufwand für das Finale der Folge getrieben wurde: Das ganze Set wurde hüfttief mit Schaum geflutet.

The Wheel in Space (6 Teile (1 und 2 sowie 4 und 5 fehlen); Drehbuch: David Whitaker, Kit Pedler; Regie: Tristan de Vere Cole)

Die TARDIS bruchlandet auf einem verlassenen Raumschiff, das Kurs auf eine Raumstation nimmt, die die Cybermen einnehmen möchten.

Ganz so fürchterlich wie sein Ruf es vermuten lässt, ist The Wheel in Space lange nicht. Es ist halt einfach in die Länge gezogen – es gibt ein ständiges vor und zurück in der Handlung. Die Cybermen, die sind diesmal allerdings etwas dämlich. So ganz wird nie klar, warum sie nun diese Raumstation einnehmen wollen (man könnte es stattdessen ja direkt mit der Erde versuchen) und die Gedankenkontrolle über Besatzungsmitglieder ist ein Schuss in den Ofen – und zwar mehr für den Autor (selten gab es eine dünnere Erklärung für Gedankenmanipulation) als für die Cybermen (auch wenn besagte Kontrolle lächerlich einfach gelöst werden kann). Die Story selbst ist also eher unlogisch, dafür sind die Charaktere der Raumstationsbesatzung schön ausgearbeitet.

Die erhaltenen Episoden sind ganz ansehnlich – die Korridore sehen zwar alle ziemlich gleich aus, aber das ist auf einer Raumstation, die vermutlich nach dem Baukastenprinzip gebaut wurde, zu verzeihen.

  1. Wie man im Torchwood-Hörspiel Golden Age erfahren kann, hat Rest-Torchwood die Steuerungs-Kugeln der Yetis eingesammelt, als sie von Harold Saxon zur Schnitzeljagd in den Himalaya geschickt wurden.
  2. London hat zwar auch einen prominenten Auftritt in The Dalek Invasion of Earth, damals (im 22. Jahrhundert) war aber die ganze Welt von der Invasion betroffen. []
← 4. Staffel 6. Staffel →

Kommentieren