Fernsehfolgen mit dem 6. Doctor

In den späten 80ern war Doctor Who bei den BBC-Verantwortlichen nicht sonderlich beliebt. Das schlägt sich in einer absolut stiefmütterlichen Behandlung der Serie nieder: Am Format der Serie wurde unnötig rumgespielt und die Produktionsstandards sind sichtlich niedriger als bei den vorherigen Staffeln. Zwischen den beiden Staffeln des 6. Doctors lag außerdem eine längere Pause, die damals (im Rückblick berechtigte) Ängste um die Absetzung von Doctor Who schürte. Hauptsächlich Leidtragender der gesamten Entwicklung ist (neben dem Publikum) Colin Bakers 6. Doctor selbst.

Der 6. Doctor hat einen Charakter, den man am besten als laut beschreibt – seine Herzen sitzen zwar an ihren jeweiligen rechten Flecken, er kann aber sehr barsch sein. Außerdem ist sein Modegeschmack sehr zweifelhaft1. In seiner ersten Staffel reist er mit Peri, einer amerikanischen Botanikstudentin, danach mit Mel. Der Übergang von einem Companion zum anderen findet zwar in The Trial of a Time Lord, der 2. Staffel mit dem 6. Doctor, statt, wird aber nicht explizit dargestellt. In den Hörspielen hat der 6. Doctor mit Evelyn eine weitere Begleiterin.

Durch die äußeren Umstände hatte Colin Baker damals kaum eine Chance, den Doctor vernünftig darzustellen. In den Hörspielen von Big Finish kann man dagegen hören, was aus dem 6. Doctor hätte werden können, wenn die Umstände damals günstiger gewesen werden. Wo die Fernsehfolgen des 6. Doctors nämlich im Großen und Ganzen (berechtigterweise) als das Schlechteste gelten, das Doctor Who zu bieten hat, sind unter den Hörspielen mit dem 6. Doctor auffällig viele Big-Finish-Klassiker dabei.

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22. Staffel

Vengeance on Varos (2 x 45 min; Drehbuch: Philip Martin; Regie: Ron Jones)

Der Doctor und Peri landen in einer Kolonie, in der Sträflinge zur Unterhaltung der Kolonisten vor laufender Kamera hingerichtet werden.

Vengeance on Varos ist eine Folge, die daran scheitert, dass sie mit mangelnder Sorgfalt produziert wurde. Die Motivation der Bösewichte ist vergleichsweise läppisch (davon abgesehen ist mir nicht ganz klar, wieso die Kolonisten plötzlich mehr Geld für ihr Erz verlangen können, seit andernorts weitere Erzvorkommen entdeckt wurden) und die Folge schafft es einfach nicht, irgendwie packend zu werden. Vengeance on Varos mag zwar gut gemeint sein (und das sogar mit dem Holzhammer), ist aber einfach nicht gut gemacht.

The Two Doctors (3 x 45 min; Drehbuch: Robert Holmes; Regie: Peter Moffatt)

Der zweite Doctor wird zusammen mit Jamie im Auftrag der Time Lords auf eine Raumstation geschickt, um dort nach dem Rechten zu sehen2. Dabei wird er von Jamie getrennt und von einer Alien-Art, die nur ans Essen denkt – Menschen stehen auch auf dem Speiseplan –, nach Sevilla verschleppt. Der sechste Doctor bekommt derweil mit, dass irgendetwas nicht stimmt und möchte aus diesem Anlass mit Peri den Chefwissenschaftler der Raumstation besuchen. Dort finden sie Jamie und folgen der Spur der Entführer des zweiten Doctors.

Mein Hauptkaufanreiz für diese Folge war das Auftreten des zweiten Doctors. Wenn man über ein paar Sachen hinwegsieht (wie z.B. der Tatsache, dass man mehr als deutlich merkt, dass der Autor missionierender Vegetarier ist), macht The Two Doctors vor allem dank des zweiten Doctors erstaunlich viel Spaß. Der Dreh in Sevilla sorgt dafür, dass diese Folge besser aussieht als die meisten Folgen dieser Ära, die so fürchterlich überbeleuchtet sind, wodurch man sonst jeden kleinen Makel an Kostümen und Kulissen sieht. Das ist diesmal also nicht ganz so schlimm, bei den Sontarans fallen dennoch einige Schnitzer auf: Die Schauspieler sind generell zu hochgewachsen und dann auch noch unterschiedlich groß, obwohl die Sontarans eine Klonrasse sind. Außerdem sind die Kostüme stümperhaft gearbeitet und die Darsteller bewegen sich einfach wie Menschen in Sontaran-Kostümen. In der neuaufgelegten Serie hat man dafür Choreographen, die darauf achten, dass die Bewegungen der Aliens der physischen Erscheinung der Aliens entsprechen. In der klassischen Serie gab es sowas nicht, weshalb die Aliens meist weniger überzeugend aussehen. Die Companions sind in dieser Folge eher Anhängsel der beiden Doctoren. Bei Jamie fällt außerdem ein bisschen was von dem jungenhaften Charme weg, weil natürlich nicht zu verstecken ist, dass Frazer Hines zwischen The War Games und The Two Doctors 16 Jahre gealtert ist. Berüchtigt ist dieses Serial dafür, dass der (sechste) Doctor in Notwehr einen der Bösewichte mit eigenen Händen umbringt. Nun ist der Doctor schon immer für Todesfälle verantwortlich gewesen, in The Two Doctors wird aber ziemlich kritiklos gestorben. Dieser sorglose Umgang mit den Toden von Gastfiguren macht wahrscheinlich den deutlich anderen Ton der Ära des 6. Doctors aus.

  1. Sein Mantel ist so grauenvoll anzusehen, dass er später in den Hörspielen einen blauen Mantel gleichen Schnitts bekommen hat, damit man sich beim Hören nicht immer dieses unsägliche quietschbunte Etwas vorstellen muss. []
  2. Die Season-6B-Theorie ist so ziemlich die einzige Fantheorie bzw. Theorie aus den Spin-off-Medien, für die ich mich begeistern kann, zumal sie wirklich einigermaßen konsistent ist und der Fernsehserie nicht widerspricht. []
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