Für den New-Who-Fan interessante Hörspiele von Big Finish

Die Hörspiele von Big Finish, die sich um die Doctoren 5 bis 8 drehen, schließen nahtlos an die klassische Serie an. Sie sind jedoch nicht nur eine Zugabe für die Freunde der klassischen Serie, sondern können auch ein fantastischer Einstieg in die Welt der klassischen Doctoren sein, wenn man bisher nur die neue Serie kennt. Aus diesem Grund möchte ich hier einige Hörspiele vorstellen, die entweder eine direkte Verbindung zur neuen Serie haben – sei es durch die Handlung oder durch Schauspieler – oder die schlichtweg so gut sind, dass man sie als DW-Fan einfach kennen sollte. Als die Klassiker von Big Finish werden gemeinhin Spare Parts, The Holy Terror, Jubilee, Doctor Who and the Pirates und The Chimes of Midnight genannt, ich kann außerdem guten Gewissens The Kingmaker empfehlen.

Spare Parts (5. Doctor mit Nyssa)
Im Fernsehen hat man nur die Schaffung der Daleks gezeigt (Genesis of the Daleks mit dem 4. Doctor), Spare Parts stellt nun die Ursprünge der Cybermen dar. Gleichzeitig diente dieses Hörspiel als lose Vorlage für den Cybermen-Zweiteiler der zweiten neuen Staffel – da dort ein anderer Schreiberling am Werk war, bleiben von der Vorlage jedoch nur einzelne Motive übrig. Trotz des bekannten Ausgangs ist dieses Hörspiel sehr spannend und empfehlenswert.
No Place Like Home (5. Doctor mit Erimem)
No Place Like Home wurde 2003 für die Leser des Doctor Who Magazines veröffentlicht. Damals gab es also noch gar keine reinen New-Who-Fans als Zielgruppe, dennoch ist das Hörspiel gerade für diese besonders interessant. Es wird nämlich mit Erimem nicht nur ein sehr sympathischer Hörspielcompanion näher vorgestellt, sondern wir begleiten sie und den Doctor auf einem Rundgang durch die TARDIS. Natürlich kann man die Räume nur hören und nicht sehen, dennoch bekommt man auf diese Weise einen viel besseren Eindruck, wie groß die TARDIS ist, als wenn man immer nur den Konsolen-Raum (und ein einziges Mal ganz kurz die Garderobe) sieht.
The Kingmaker (5. Doctor mit Peri und Erimem)
The Kingmaker sticht für den New-Who-Fan vor allem dadurch hervor, dass es eine einzige Anspielung auf den 9. Doctor ist, der aus Lizenzgründen eigentlich gar nicht bei Big Finish auftauchen darf: Ein bewusster northern chap with big ears hat eine Art versteckten Gastauftritt und einer der Nebendarsteller hat eine Stimme, die der von Christopher Eccleston sehr, sehr ähnlich ist – das kann kein Zufall sein. Das Hörspiel selber ist angenehm tiefgründig, äußerst witzig und strotzt vor tollen Nebenfiguren, auch wenn man vor allem am Ende genauer hinhören muss, um nicht durcheinander zu kommen.
Davros (6. Doctor)
Davros beleuchtet die Hintergrundgeschichte des Schöpfers der Daleks. Die putzigen kleinen Blechpötte selber haben keinen Auftritt in diesem Hörspiel. Davros wird dargestellt von Terry Molloy, der ihn auch schon in den 80ern in den Fernsehfolgen verkörpert hat. Es gibt zwar eine Rahmenhandlung, in der auch der Doctor vorkommt (Colin Baker ist hier in Höchstform), der eigentliche Focus liegt aber auf den Rückblenden in Davros Vergangenheit auf Skaro. Ausgehend von diesem Hörspiel wurde später eine Miniserie namens I, Davros veröffentlicht, die einiges aus den Rückblenden aufgreift und vertieft.
…ish (6. Doctor mit Peri)
…ish dreht sich, wie schon das frühere (und weit weniger gelungene) Hörspiel The Whispers of Terror, um lebende Worte. Klingt erstmal ganz weit draußen, macht aber furchtbar Spaß, denn Colin Baker und Nicola Bryant sind bestens aufgelegt in dieser Folge. …ish ist eines dieser Hörspiele, bei dem man richtig froh sein kann, dass es Big Finish gibt, denn im Fernsehen wäre so eine Folge schlichtweg nicht möglich.
The Apocalypse Element (6. Doctor mit Evelyn)
The Apocalypse Element ist wegen der "historischen" Bedeutung für den Time War interessant. Laut RTD kann man Genesis of the Daleks als eigentlichen Ursprung des Time Wars ansehen, in dem Sinne, dass hier die Manipulation des korrekten Ablaufs der Zeit als Waffe gegen die Daleks genutzt werden soll. In späteren (Fernseh-)Folgen, wie Remembrance of the Daleks, driften die Animositäten zwischen den Time Lords und den Daleks immer mehr in Richtung eines offenen Konfliktes. In The Apocalypse Element kommt es erstmals zu richtigen kriegerischen Handlungen, indem die Daleks Gallifrey überfallen. Dass dies die erste Eskalation des Time War ist, ist dem 6. Doctor (und Big Finish) damals allerdings noch nicht bewusst gewesen. Da die Handlung ganz schrecklich verworren und aufgebläht ist, sollte man sein Geld nicht für dieses Hörspiel verschwenden, sondern bei Interesse lieber irgendwo eine Zusammenfassung lesen.
Jubilee (6. Doctor mit Evelyn)
Jubilee diente als Vorlage für Dalek aus der ersten neuen Staffel, beides geschrieben von Rob Shearman. Man kann zwar wechselseitig ganze Szenen wiedererkennen, trotzdem geht Jubilee in eine ganz andere Richtung als Dalek Im Hörspiel ist der Dalek nur ein Teilaspekt der gesamten Handlung, während in der Fernsehfolge der Dalek und der Doctor im Vordergrund stehen. Jubilee verliert auch bei Kenntnis von Dalek nichts von seiner Spannung (ich nehme an, dass es andersherum genauso ist), da man die Handlung trotzdem nur schwer vorhersehen kann.
Doctor Who and the Pirates (6. Doctor mit Evelyn)
Doctor Who and the Pirates ist einer der Klassiker von Big Finish und eignet sich wunderbar als Einstiegsfolge in die Doctor-Who-Hörspiele, obgleich der geniale Musical-Teil natürlich etwas weit draußen ist im Vergleich zu den restlichen Hörspielen. Diese Folge ist nämlich ein ganz hinreißender Mix aus Tragik und Komik, weist einige clever eingebaute Eigenbezüge auf und bietet eine wunderbare Chemie zwischen Evelyn und dem Doctor.
Bang-Bang-a-Boom! (7. Doctor mit Mel)
Wie The One Doctor ist auch Bang-Bang-a-Boom! betont leichte Unterhaltung. Es gibt einige Anspielungen auf stärker militärisch ausgerichtete Science Fiction im Allgemeinen und Star Trek im Besonderen, und wenn ich mich mit dem Eurovision Song Contest auskennen würde, hätte ich sicherlich auch ein paar Seitenhiebe darauf entdeckt. Daneben können wir einen liebestollen Doctor hören, obwohl er dabei unter ernsthafter Geschmacksverirrung leidet.
Flip-Flop (7. Doctor mit Mel)
Flip-Flop ist ein eher experimentelles Hörspiel – es besteht aus zwei Teilen, die man in beliebiger Reihenfolge hören kann, da das Ende der einen Teilfolge jeweils der Anfang der anderen Teilfolge ist. In jedem der zwei Teile ist die Geschichte von Puxatornee ganz anders verlaufen, und der Doctor wird dabei in die Ereignisse hineingezogen. Beide Teilfolgen verlaufen parallel – man kann jede Szene der einen Hälfte einer Szene der anderen Hälfte zuordnen –, aber trotzdem werden die Folgen nicht langweilig, denn man kann immer wieder neue Querverbindungen zwischen den beiden Teilfolgen finden. Zwar geht unter Moffat die Tendenz immer mehr zu Folgen, die Zeitreisen nicht einfach als Transportmittel zu nutzen, aber Flip-Flop geht weiter, da hier keine "korrekte" Zeitlinie hergestellt werden kann, sondern beide Zeitlinien sich gegenseitig bedingen. Von daher wird dieses auch anderweitig sehr gelungene Hörspiel extrem interessant.
Damaged Goods (7. Doctor mit Chris und Roz)
Damaged Goods vom Ton her sehr, sehr viel düsterer als die neue Serie, aber das Hörspiel ist insofern sehr lohnend, weil darin bereits viele Merkmale von New Who unter RTD erkennbar sind (sowie, weil Big Finish dem natürlich nicht widerstehen konnte, einige retroaktiv eingefügte Anspielungen auf die neue Serie). Wenn man also an der geistigen Vorgeschichte der neuen Serie interessiert ist, dann ist Damaged Goods das Hörspiel der Wahl.
Invaders from Mars (8. Doctor mit Charley)
Invaders from Mars, worin Simon Pegg und Jessica Hynes zu hören sind, badet genüsslich in allen verfügbaren Klischees. Es gibt dunkle Machenschaften der Mafia und verschiedener internationaler Geheimdienste (wobei es natürlich um die Entdeckung der Kernspaltung bzw. die Entwicklung der Atombombe geht, und selbst die Reichsflugscheibe findet in einem Nebensatz Erwähnung), Mord & Totschlag, zwei leicht inkompetente und dauernd miteinander streitende außerirdische Invasoren und zu guter Letzt findet auch die Ausstrahlung von Orson Welles' Variante von The War of the Worlds einen Platz in Invaders from Mars. Kurz: Es ist ein großer Spaß.
The Chimes of Midnight (8. Doctor mit Charley)
The Chimes of Midnight ist ein weiterer Klassiker aus der Feder von Rob Shearman und außerdem Big Finishs Weihnachtsfolge. Dieses Hörspiel hat wahrscheinlich eine der überraschendsten Auflösungen in Doctor Who überhaupt, man merkt als Zuhörer also erst recht spät, wie der Hase läuft. Wenn man die restlichen Hörspiele mit dem 8. Doctor und Charley nicht verfolgt hat, empfiehlt es sich, Charleys bisherige Geschichte nachzulesen, da diese Hörspiele Continuity-lastiger sind als man es von den Hörspielen der anderen Doctoren gewohnt ist. Ab und an wird The Chimes of Midnight zu Weihnachten auf BBC Radio 7 ausgestrahlt.
Horror of Glam Rock (8. Doctor und Lucie)
Horror of Glam Rock ist die erste Einzelfolge der selbstständigen Serie mit dem 8. Doctor. Hierin sind gleich einige Schauspielergrößen vereinigt (und Steven Gately!) und meine Güte, ist diese Folge gleichzeitig gruselig und spaßig. Horror of Glam Rock spielt, wie der Titel vermuten lässt, in den 70ern, was sich auch darin niederschlägt, dass zum Schluss des Hörspiels eine herrlich glamige Glam-Version der Doctor-Who-Titelmelodie erklingt. Lucie, die den Doctor in dieser Hörspielserie begleitet, reist ursprünglich unfreiwillig mit ihm mit, aber Horror of Glam Rock ist der Punkt, an dem die beiden sich zusammenraufen und man das erste Mal diese große Freundschaft zwischen den beiden sieht. Diese Folge ist insofern eine Charakterfolge für Lucie, da wir hier ihre Tante (in spe) Pat kennenlernen, was noch Konsequenzen für den weitere Verlauf der Serie haben wird. Diese tritt auch in The Zygon who fell to Earth, einer losen Fortsetzung von Horror of Glam Rock auf.
Sisters of the Flame / Vengeance of Morbius (8. Doctor und Lucie)
Sisters of the Flame / Vengeance of Morbius ist zum einen für sich genommen eine sehr gute und spannende Doppelfolge (und die Freundschaft von Lucie und dem Doctor wird noch einmal besonders herausgestellt); zum anderen ist dieses Hörspiel sehr wichtig für die weitere Geschichte des 8. Doctors, denn auf Karn, dem Heimatplaneten der namensgebenden Sisters of the Flame, wird der 8. Doctor in The Night of the Doctor regenerieren.
Sympathy for the Devil (Doctor Who Unbound)
Sympathy for the Devil gehört zu der Doctor-Who-Unbound-Reihe, die nach dem "Was wäre wenn…?"-Prinzip funktioniert: Was wäre passiert, wenn der 3. Doctor nicht schon in den 70ern oder 80ern im Exil auf der Erde gelandet wäre, sondern erst 1997? Heraus kommt etwas, das von der Grundidee her Turn Left ähnelt, denn ohne den Doctor ist auf Erden einiges schief gelaufen. Sympathy for the Devil ist dennoch amüsant, vor allem dank der Hauptfiguren, die da wären der Brigadier, ein sehr sympathischer alternativer 3. Doctor (David Warner), ein absolut herrlicher alternativer Master (Mark Gatiss) und Col. Brimmicombe-Wood (David Tennant), ein schottischer UNIT-Offizier, der flucht wie ein Kesselflicker1. Fortgesetzt wird dieses Hörspiel mit dem ebenfalls empfehlenswerten Masters of War, worin der Brigadier mit dem Warner'schen Doctor mitreist.
Find and Replace (Iris Wildthyme mit Jo Grant)
Iris Wildthyme ist eine alkoholgetränkte und Doppeldeckerbus-fahrende Parodie auf den Doctor (wovon selbiger mehr als genervt ist, vor allem in seiner 5. Inkarnation). Sie hat eine eigene, inzwischen beendete Serie sowie einige kleinere und größere Auftritte in den Doctor-Who-Hörspielen (und auch in der Bernice-Summerfield-Reihe). In dem Companion Chronicle Find and Replace tritt sie an der Seite von Jo Grant auf. Sowohl Iris als auch Jo werden von Katy Manning gespielt und es ist beeindruckend, wie variabel sie mit ihrer Stimme ist (deshalb ist sie generell meine liebste Leserin für Companion Chronicles). Leider fällt die Forsetzung The Elixir of Doom stark dagegen ab. Weitere Auftritte von Iris zusammen mit dem Doctor sind The Wormery und der erste Part der Excelis-Trilogie.
Tales from the Vault und Mastermind (Ruth Matheson und Charlie Sato)
Die Protagonisten dieser beiden Companion Chronicles sind gar keine Companions des Doctors, sondern zwei UNIT-Offiziere. Tales from the Vault stellt Geschichten verschiedener klassischer Companions vor und gibt damit einen hübschen Überblick über das klassische Doctor Who. Mastermind dagegen beschränkt sich auf den Master, hier dargestellt von Geoffrey Beevers. Beide Hörspiele gelten allgemein als sehr herausragend und beziehen sich zwar auf einige Ereignisse aus der klassischen Serie, sind aber trotzdem sehr gut zugänglich.

Wenn man sich von vornherein in die Hörspiele vertiefen will, empfiehlt sich ein anderes Vorgehen: Dann sollte man sich ein Hörspiel aussuchen, in dem ein neuer Companion vorgestellt wird. Wenn man schon einen klassischen Lieblinsgdoctor hat, dann sollte man natürlich den nehmen. Die ersten Folgen der schon etablierteren Hörspiel-Companions sind:

The Marian Conspiracy (6. Doctor und Evelyn Smythe)
Evelyn ist einer der beliebtesten Companions von Big Finish und hat großen Anteil daran, dass die Hörspiele mit dem 6. Doctor außerordentlich beliebt sind.
The Eye of the Scorpion (5. Doctor, Peri und Erimem)
Einige Hörspiele mit Erimem sind sehr gut und Erimem ist auch sehr sympathisch, allerdings erschienen die Hörspiele mit ihr zu einer Zeit, als Big Finish Probleme hatte, eine konsistente Qualität der Hörspiele zu halten.
Storm Warning (8. Doctor und Charley Pollard)
Der achte Doctor fand kaum im Fernsehen statt, dafür hat er um so mehr Hörspielstaffeln. Charley ist seine erste Begleiterin in den Hörspielen. Vom Stil her orientieren sich die Folgen mit Charley mehr an der klassischen Serie. Später wird Charley kurzzeitig mit dem 6. Doctor reisen.
The Harvest (7. Doctor, Ace und Hex)
Hex ist ein Companion mit einem zwischenzeitlich sehr düsteren character arc. Seine Hörspiele spielen nach der Fernsehserie und sind dementsprechend im Ton der letzten Doctor-Who-Staffel vor der Absetzung nahe.
Blood of the Daleks (8. Doctor und Lucie Miller)
Diese Hörspiele sind vom Format her deutlich stärker an die neue Serie angelehnt. Vielen Leuten geht es so, dass sie entweder Charley oder Lucie mögen, man sollte also nach Storm Warning unbedingt auch noch Blood of the Daleks hören.
Doom Coalition (8. Doctor, Liv Chenka, Helen Sinclair)
Nach den Hörspielen mit Lucie gab es für den 8. Doctor einen kleinen Neustart mit Dark Eyes, was meiner Meinung nach aber etwas zu überladen ist. Auf Dark Eyes folgt Doom Coalition, das veröffentlicht wurde, als Big Finish endlich die Lizenz für New Who bekommen hatte und das wiederum ohne Vorkenntnisse gehört werden kann.
  1. Brimmicombe-Wood, das Herzchen, hat einen weiteren Auftritt in The Wasting, was die letzte Folge in der UNIT-Minireihe ist. Dort macht er leider nicht mehr ganz so viel Spaß, außerdem sind mir das über die gesamte UNIT-Reihe betrachtet sowieso zu viele (innen-)politische Intrigen und zu wenig Invasionen. []

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