Classic Who – Neunte Staffel

Die neunte Staffel bewegt sich wieder ein wenig mehr in Richtung des Doctor-Who-Formates vor dem Exil des Doctors. Konkret heißt das, weniger Master und mehr außerirdische Planeten.

Der 3. Doctor agiert deutlich aktiver als die vorherigen beiden Doctoren, wenn nötig beteiligt er sich auch mal an einem Säbelduell oder setzt seine Angreifer mit venusian aikido außer Gefecht. Er steht während seines Exils mehr oder weniger bei UNIT als wissenschaftlicher Berater in Lohn und Brot, was aber nicht immer ganz reibungslos verläuft. Sein Vorgesetzter ist Brigadier Alistair Gordon Lethbridge-Stewart, oder kurz der Brig(adier), dem man in wenigen Worten einfach nicht gerecht werden kann. Er ist vermutlich die einzige Figur des ganzen Whoniversums, auf die sich alle Fans einigen können. Sergeant Benton ist ein weiterer mit UNIT assoziierter Charakter und er ist so unglaublich liebenswert. Neu eingeführt in dieser Staffel wird Captain Mike Yates. Ebenso bekommt der Doctor einen neuen Companion: Jo Grant, die den Job bei UNIT über Vitamin B gekriegt hat und eher naiv und tollpatschig, aber auch wahnsinnig knuffig ist. Sie wird dem Doctor bis zur 10. Staffel erhalten bleiben. Vervollständigt wird das Ensemble vom Master: Es ist sicher keine kühne Behauptung, wenn man feststellt, dass der Master ohne Delgados perfekte Darstellung schnell zur Witzfigur verkommen wäre. Delgado stattet den Master mit Charme und sitieren aus und spielt ihn mit einer Ruhe, die ihn absetzt von den anderen Bösewichten des Whoniversums. Trotzdem ist er natürlich größenwahnsinnig – und obendrein ein Wendehals, vor allem, wenn es darum geht, seine eigene Haut zu retten. Mit Pertwees Doctor hat er eine ganz tolle Chemie. Man sieht deutlich, dass die beiden sich eigentlich blendend verstehen würden, wenn sie auf der gleichen Seite stünden. Tun sie aber nicht, und das macht es nur noch schöner anzusehen, wie sie immer versuchen, dem anderen einen Schritt voraus zu sein.

Nachdem die letzten beiden Staffeln nahezu ausschließlich auf der Erde stattgefunden haben, finden wir uns in der neunten Staffel wieder mehr auf fremden Planeten wieder. Dadurch treten sowohl UNIT als auch der Master mehr in den Hintergrund, was durchaus schade ist, denn der 3. Doctor macht irgendwie mehr Spaß, wenn der Brigadier und/oder der Master in der Nähe sind. Insgesamt gibt es in dieser Staffel wenige richtige Knallerfolgen, da man zum einen etwas arg viel Plot-Recycling betrieben hat und zum anderen mindestens zwei der Folgen recht unverhohlene politische Kommentare sind, was aus heutiger Sicht zwar interessant sein kann, aber kein garant für ein gelungenes Serial ist. Day of the Daleks, The Curse of Peladon und The Sea Devils dürften noch am ehesten die Folgen sein, die von dieser Staffel in Erinnerung bleiben.

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Day of the Daleks (4 Teile; Drehbuch: Louis Marks; Regie: Paul Bernard)

Nachdem die letzte Weltfriedenkonferenz vom Master sabotiert wurde, soll es nun eine Neuauflage geben. Allerdings verläuft diese wieder nicht reibungslos, da diesmal eine Gruppe von Widerstandskämpfern aus der Zukunft einen Anschlag auf die Konferenz planen.

Day of the Daleks ist eine Folge, in der verschiedenste Handlungsebenen ineinander greifen und wobei man als Zuschauer ständig zum Perspektivwechsel gezwungen wird. Die Daleks wurden nach Fertigstellung der eigentlichen Handlung in dieses Serial geschrieben, weil Evil of the Daleks schon so lange her war und es Zeit wurde, die Daleks mal wieder auf die Bildschirme bringen. Das merkt man, denn die Daleks hätten von einer x-beliebigen brutalen Herrscherklasse ersetzt werden können und es hätte keinerlei Auswirkungen auf die Handlung gehabt. Das richtig interessante Zeug passiert nämlich anderswo: Der Konflikt zwischen den Rebellen und den von den Daleks eingesetzten Verwaltern bildet das Rückgrat der Handlung, was Day zwar zu einer eher lausigen Dalek-Folge macht, aber sonst brilliant ist. Nach langer Zeit werden Zeitreisen endlich wieder als Handlungspunkt und nicht bloß als Transportmittel für die Protagonisten eingesetzt, was allein schon dafür sorgt, dass Day aus der Masse der Serials heraussticht. Das ganze wird verbunden mit einer intelligenten Handlung, die mit komplexen Charakteren bevölkert ist.

Die DVD-Box enthält Day of the Daleks gleich in zwei Versionen – in der ausgestrahlten Version und in einer aufgemotzten Version. Day ist nicht die einzige Dalek-Folge, die im Nachhinein etwas aufgemotzt wurde; auch The Dalek Invasion of Earth kann man in einer Version mit verbesserten Special Effects genießen. Bei jenem Serial blieb das noch ganz gut im Rahmen, bei Day ist man dagegen übers Ziel hianusgeschossen. Klar sind die damaligen Dalek-Stimmen ziemlich lächerlich und die große Invasion am Ende besteht nur aus drei Daleks (andererseits, wenn eine Alien-Spezies eine Invasion mit drei ausgebildeten Kämpfern und ein paar Handlangern durchführen könnte, dann sind das die Daleks), aber in der aufgemotzten Version wurden auch etliche Special-Effects ersetzt, die wunderbar funktioniert haben. In dem Falle wäre es einfach besser gewesen, sich auf die Aspekte des Serials zu beschränken, die man schon damals besser hätte umsetzen können – also im wesentlichen die Stimmen der Daleks und die Invasion auf das Herrenhaus am Ende des Serials.

Neben den zwei Versionen des Serials enthält die DVD-Box noch etliche Extras: Je ein Making-Of für die ursprüngliche Fassung und für die modernisierte Version, ein Feature über die Bildmischung in den 70ern, je eine Doku über die UNIT Family und die Datierung der UNIT-Folgen sowie verschiedenen Kleinkram.

The Curse of Peladon (4 Teile; Drehbuch: Brian Hayles; Regie: Lennie Mayne)

Der Doctor hat die TARDIS wieder soweit flugbereit (denkt er jedenfalls), dass er einen Kurztrip wagen kann. Dabei landet er auf Peladon. Dieser Planet ist ein eher wenig entwickeltes Königreich, dass einer Föderation mit weiter entwickelten Planeten beitreten will. Während dieser Verhandlungen, bei denen unter anderem die Ice Warriors zugegen sind, werden allerhand Intrigen gesponnen.

Eigentlich müsste The Curse of Peladon richtig dolle Spaß machen. David Troughton als schnuckeliger junger König Peladon ist hinreißend und die Ice Warriors werden hier aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, aber letztenendes ist Curse zu sehr Kommentar zur damaligen politischen Lage, als dass man sich aus der heutigen Perspektive richtig auf das Serial einlassen könnte.

Curse ist zusammen mit der Fortsetzung The Monster of Peladon in einer Box erschienen. Die Extras umfassen eine Doku, die neben der Produktion auch die damaligen politischen Rahmenbedingungen in Großbritannien darstellt. Eine viertelstündige Doku gibt einen Überblick über die Geschichte der Ice Warriors und ein kleines Extra befasst sich mit dem 3. Doctor und Jo bzw. Jon Pertwee und Katy Manning. Zudem wurde bei der Produktion von Curse intensiv mit Storyboards gearbeitet, die in einer Featurette mit dem Endprodukt verglichen werden.

The Sea Devils (6 Teile; Drehbuch: Malcolm Hulke; Regie: Michael Briant)

Der Master befindet nach den Ereignissen in Devil's End in einem Hochsicherheitsgefängnis. Als der Doctor und Jo ihm einen Besuch abstatten, bekommen sie zufälligerweise mit, wie Schiffe verschwinden. Wie sollte es anders sein – der Master steckt dahinter, indem er die Sea Devils (gewissermaßen die aquatischen Cousins der Silurians) und die Menschen gegeneinander aufhetzt mit dem Ziel, den Doctor zu ärgern.

Szene aus The Sea Devils
Der Doctor stiehlt dem Master sein Sandwich. Also wirklich.

The Sea Devils macht denselben Fehler, der man Jahrzehnte später in The Sound of Drums / Last of the Time Lords wiederholen würde – es gibt einfach zu wenige Szenen mit dem Doctor und dem Master. Diejenigen, die es gibt, sind genial, aber in den 6 Teilen laufen sich die beiden insgesamt zu wenig über den Weg. UNIT taucht diesmal gar nicht auf; stattdessen übernimmt die Royal Navy UNITs übliche Funktion – und zwar stellte die echte Marine Material und Statisten.1 Leider kann The Sea Devils nicht gegen The Silurians anstinken. Jenes Serial ist deutlich ernster, während The Sea Devils zu sehr Materialschlacht ist, mit mehr Verfolgungsjagden zu Lande und zu Wasser als zwingend nötig. Das hat Jon Pertwee extrem viel Spaß gemacht (Roger Delgado war weniger begeistert davon, da er nicht schwimmen konnte), aber ein bisschen mehr Handlung hätte diesem Serial gut getan.

Durch die Länge des Serials fallen die Extras eher schmal aus. Außer dem Making-Of, in dem etliche damals am Dreh beteiligte Matrosen zu Wort kommen, gibt es einen kleinen 8mm-Film vom Außendreh bei der Marine.

The Mutants (6 Teile; Drehbuch: Bob Baker, Dave Martin; Regie: Christopher Barry)

Der Doctor wird schon wieder von den Time Lords zu einer Mission geschickt. Diesmal geht es nach Solos. Dieser Planet ist eine Erdkolonie, die kurz vor der Unabhängigkeit steht, wobei der Doctor etwas nachhelfen soll.

Aus heutiger Sicht ist The Mutants geradezu aufdringlich politisch. Dadurch ist es nicht nur ein Science-Fiction-Serial, sondern auch ein Zeitdokument. Leider wirkt das Serial über die Dauer von 6 Episoden etwas ermüdend, was sich auch daran zeigt, dass sich manche Cliffhanger zu sehr ähneln. Die große Stärke von The Mutants sind die vielfältigen Charaktere. Zwar ist der ReichsMarschall, der die Kolonie noch verwaltet, herrlich böse und deshalb allerdings eher eindimensional, aber die anderen Figuren sind deutlich facettenreicher gezeichnet.

Die Extras sind eher spärlich. Von besonderem Interesse dürfte eine Doku von Noel Clarke sein, in der es um die Repräsentation nicht-weißer Schauspieler und Charaktere in Doctor Who und im britischen Fernsehen allgemein geht.

The Time Monster (6 Teile; Drehbuch: Robert Sloman, Barry Letts; Regie: Paul Bernard)

Der Master hat sich als Professor Thascales in Cambridge eingeschlichen und arbeitet mit einem kleinen Team von Wissenschaftlern (die nichts von seinen wahren Zielen wissen) daran, mit seiner TOMTIT-Maschine ein Monster aufzuwecken, das Zeit manipulieren kann. Die Suche nach diesem Monster führt ihn (und, ihm auf den Fersen, den Doctor) nach Atlantis, dessen Zerstörung der Master auslösen wird.

The Time Monster ist eine von den Folgen, die von niemandem so richtig gemocht wird. Sie ist The Dæmons nicht unähnlich, lässt jedoch dessen Charme vermissen. Dabei geht The Time Monster noch gut los: Der Master kehrt als Cambridge-Professor ganz seine charmante Seite raus und UNIT darf auch mitspielen. Leider hat The Time Monster aber 6 Teile. Zwar hat es was, wie sich der Master in Atlantis flirtenderweise Vorteile zu verschaffen sucht, doch leider gibt es auf Atlantis ein paar zuviele ähnlich aussehende Korridore, als das das Serial über die ganzen 6 Folgen spannend bleiben könnte.

In den Extras wird The Time Monster eher stiefmütterlich behandelt. Selbst das übliche Making-Of wird zu einem guten Teil dazu genutzt, den Wahrheitsgehalt der in Doctor Who gezeigten wissenschaftlichen Konzepte zu untersuchen.

  1. Der Doctor hat hauptsächlich mit einem gewissen Captain John Hart zu tun, der aber nichts mit dem Captain John Hart aus Torchwood zu tun hat. []
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